Pressemitteilung, 25.10.2006 - 13:41 Uhr
Perspektive Mittelstand
Mit dem Sportabzeichen die Krankenkassenbeiträge senken – Senioren-Union: Deutschland fehlt es noch immer an einer „Alterskultur“
(PM) , 25.10.2006 - Von Ansgar Lange Bonn/Berlin – Die Bundesregierung hat sich auf Einzelheiten der angekündigten Rente mit 67 verständigt. So soll die Regelaltersgrenze von 2012 an beginnend mit dem Jahrgang 1947 bis zum Jahr 2029 schrittweise auf 67 Jahre angehoben werden. Der Gesetzentwurf der Großen Koalition soll am 29. November im Kabinett beschlossen und bis zum 12. Dezember von den Fraktionen des Bundestages abschließend beraten werden. Durch die schrittweise Anhebung des Rentenalters wird der demographische Rückgang des Angebots an Arbeitskräften nach einer aktuellen Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) www.iab.de der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit (BA) www.arbeitsagentur.de deutlich verzögert. Im Jahr 2030 werden mindestens 1,2 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze benötigt. Ansonsten drohe wegen der Rente mit 67 eine höhere offene oder verdeckte Arbeitslosigkeit. Nach den Plänen der Regierung können Versicherte ab dem Jahrgang 1964 erst mit 67 Jahren eine abschlagfreie Rente beziehen. Laut IAB muss die Einführung der Rente mit 67 von Maßnahmen zur (Re-)Integration älterer Arbeitnehmer begleitet werden. „Gerade dann, wenn die Politik besonders erfolgreich ist und Frühverrentungen selten werden, könnte die Rente mit 67 den demographisch bedingten Rückgang des Erwerbslosenpotenzials eine Zeit lang nahezu kompensieren“, warnen die IAB-Forscher. Zu den flankierenden Maßnahmen, um die Erwerbsbevölkerung fit zu machen für die Herausforderung längeren Arbeitens, zählen sie Qualifizierungsaktivitäten, Gesundheitsförderung und eine angemessene Arbeitplatzgestaltung. Deutschland mangele es noch immer an einer „Alterskultur“, kritisierte der Bundesvorsitzende der Senioren-Union www.seniorenunion.de der CDU Deutschlands, Otto Wulff: „Innerhalb weniger Jahrzehnte hat der Jugendkult das gesellschaftliche Gefüge und die arbeitsökonomische Werteordnung entscheidend verändert. In einer Arbeitswelt, in der den älteren Arbeitnehmern wenig oder nichts zugetraut wird, trauen sich die über 50-jährigen bald selbst nichts mehr zu, so dass die Fremdwahrnehmung ihre Selbstwahrnehmung ersetzt.“ Deutlich werde die „Absurdität diskriminierender Anti-Altersmentalität am Verhalten mancher Manager großer Konzerne, die bereits 40-jährige zu den nicht vermittelbaren Älteren zählen, selbst aber die 50 weit überschritten haben und in ihren eigenen Unternehmen gar nicht mehr aufgenommen würden.“ Wulff verweist auf eine Studie des Düsseldorfer Beratungsunternehmens Harvey Nash www.harveynash.de, wonach selbst in der Branche für Informationstechnik, die doch als Jugenddomäne gelte, die älteren Mitarbeiter den jüngeren bisweilen weit voraus seien. Ein junger Mitarbeiter komme beispielsweise überhaupt nicht in Frage, wenn Großrechner zu programmieren seien, weil ihm dieses Wissen im Gegensatz zu den Älteren im Studium nicht vermittelt worden sei. Der Chef der Senioren-Union plädiert für ein Miteinander der Generationen, die nicht gegeneinander ausgespielt werden dürften. Die Arbeitswelt habe schon oft den Beweis angetreten, dass gemischte Teams mit 15 Jahren Altersunterschied die effektivsten und flexibelsten Modelle seien. Wulff attestiert den gängigen Talkshows im Fernsehen eine schädliche Wirkung, wenn sie stets das gleiche Lamento anstimmen: „Unser Sozialsystem ist unfinanzierbar, die Wirtschaft zerbricht unter den Kosten, das Vertrauensverhältnis zwischen Alt und Jung ist gleich null!“ Allen Unkenrufen zum Trotz hätten sich in den vergangenen Jahren die Kontakte zwischen Enkeln und Großeltern erheblich verstärkt und nähmen weiterhin erfreulich zu. Die Pflegeversicherung wäre ohne den Einsatz älterer Menschen bereits heute zusammengebrochen, da rund 70 Prozent aller Pflegefälle im häuslichen Bereich vornehmlich von älteren Angehörigen erbracht würden. Statt zu jammern und zu klagen, so der Senioren-Lobbyist, sollten sich Politik, Wirtschaft und Gesellschaft besser nach intelligenten Konzepten umschauen. Er verweist darauf, dass beispielsweise als Anreiz für Einsparungen von Kosten beim Zahnersatz das bekannte Bonusheft diene. Es diene der Prävention, weil der Patient durch freiwilligen jährlichen Besuch beim Zahnarzt weniger Kosten beim etwaigen Zahnersatz zu tragen habe. So sei es doch zumindest denkbar, die Krankenkassenbeiträge durch den Erwerb des Sportabzeichens zu senken. Wer sich fit und gesund hält, wird dafür durch niedrigere Beiträge belohnt. Wer selber einen ungesunden Lebensstil wählt und freiwillig auf gesunde Ernährung und Bewegung verzichtet, muss mehr zahlen. Mit ein wenig mehr Selbstverantwortung, Optimismus und Selbstvertrauen könne auch die so genannte demographische Krise gemeistert werden, so Wulff: „Allen Untergangspropheten zum Trotz: Die Welt geht nicht unter.“