Abmahnungen als lukratives Geschäftsmodell
Bisher wollten 22 Friseure die Unterlassungserklärung von Frau Wünsch zunächst nicht unterzeichnen, weigerten sich, die Abmahngebühr zu bezahlen und zogen vor Gericht. Ergebnis? 22 verlorene Klagen und jeweils 5.000 bis 7.000 Euro Kosten für Abmahngebühr, Anwaltskosten und Schadenersatz. Wenngleich einige der Kläger der Meinung sind, dass es sich bei Frau Wünschs Vorgehen weniger um praktizierten Markenschutz als vielmehr um ein einträgliches „Geschäftsmodell“ handele, so ist das Markenrecht doch auf ihrer Seite. Hierzu ihr Anwalt Mark Wiume vor kurzem in der Stuttgarter Zeitung: „Über Produktpiraterie und Markenverletzungen schimpft man. Aber wer eine Marke verteidigt, muss sich Abzocke vorwerfen lassen.“
Ob lokale Geschäftsleute mit international agierenden chinesischen Fälschern zu vergleichen sind, ist dabei allerdings mehr als fraglich. Meist handeln die Handwerker und Kleingewerbetreibenden nicht vorsätzlich, wohingegen professionelle Produkt- und Markenpiraten in Asien sehr genau wissen, was sie tun, ahmen sie doch ganz bewusst eine ihnen bekannte Marke nach. Frau Wünschs vier Friseursalons in Hirschlanden, Höfingen, Münchingen und Ditzingen dürften dagegen nur die wenigsten der abgemahnten Friseure gekannt haben.
Bei Markenrechtsverletzung fairer Umgang möglich
Dass es auch anders geht zeigen eigene Erfahrungen des Autors u.a. mit Eberhard Dittmann, dem Gründer von Titus, Europas größtem Anbieter von Skateboards und Streetwear. Dittmann hatte sich 1997 den Namen „Magalog“ schützen lassen und auf Markenlexikon.com als Fachbegriff für einen Katalog mit Magazincharakter entdeckt. Ein freundlicher Brief ohne Mahngebühr mit der Bitte, die Definition zu entfernen und schon war die Sache erledigt. Auch so geht praktizierter Markenschutz! Aus den beiden genannten Beispielen lassen sich ganz unverbindlich zwei Empfehlungen ableiten:
- Wenn eine Privatperson oder ein kleines Unternehmen Ihre Markenrechte verletzt, weisen Sie ihn doch bitte zunächst freundlich aber bestimmt auf seinen Verstoß hin und ergreifen Sie erst bei Missachtung ihrer Aufforderung rechtliche Schritte.
- Bitte prüfen Sie, ob Sie möglicherweise einen Namen verwenden, der bereits markenrechtlich geschützt ist, d.h. führen Sie eine Markenrecherche durch. Falls der Name noch frei ist, lassen Sie ihn sich am Besten gleich für 300 Euro (für bis zu 3 Klassen) beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) schützen. Falls der Name bereits in Ihrer Klasse geschützt ist, überlegen Sie sich, ob Sie nicht doch lieber zukünftig einen noch frei verfügbaren Namen anmelden und verwenden wollen, um eventuellen Rechtstreitigkeiten zu vermeiden.
Noch zwei Hinweise zum Abschluss: Sie können Markennamen in bis zu 45 unterschiedlichen Klassen schützen lassen. Meist werden Marken jedoch nur in zwei oder drei Klassen geschützt. Warenklasse 23 beispielsweise umfasst „Garne und Fäden für textile Zwecke“. Die Klasseneinteilung von Waren und Dienstleistungen als Download finden Sie hier. Bei konkreten Fragen wenden Sie sich bitte an einen auf Gewerblichen Rechtschutz spezialisierten Anwalt. Dieser kann dann neben selbst durchführbaren Identitätsrecherchen kostenpflichtige Ähnlichkeitsrecherchen für Sie durchführen bzw. Sie bei der Anmeldung unterstützen.
Die Perspektive Mittelstand ist eine unabhängige, branchenübergreifende Business-Plattform zur Förderung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittelständischer Unternehmen und ihrer Mitarbeiter. Ziel der Initiative ist es, über hochwertige Informations-, Kommunikations- und Dienstangebote rund um den unternehmerischen und beruflichen Alltag die Wissensbildung, Kommunikation und Interaktion von und zwischen Existenzgründern, Unternehmern, Fach- und Führungskräften und sonstigen Erwerbstätigen zu unterstützen. Weitere Informationen zur Perspektive Mittelstand unter: www.perspektive-mittelstand.de