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Fachartikel, 19.03.2010
Gender-Talk
Frauen kommunizieren anders – Männer auch
Die Tücken der intergeschlechtlichen Kommunikation münden häufig in heftigsten Konflikten. Von den „Minenfeldern“ der Mann-Frau-Kommunikation und wie sich diese elegant umgehen lassen…
"Liebling, du redest und redest und redest – aber du sagst mir nie, worüber", sagt er zu ihr. Ihre Replik: "Und du Liebling, wenn du Sachen ohne Grund sagst, dann hat das seinen Grund!" Nicht nur im Geschlechter-Tete-à-Tete reden Frauen und Männer gern aneinander vorbei.  Auch wenn sie in einem kollegialen, einem Verkaufs- oder einem Beratungsgespräch aufeinander treffen, ist die Wahrscheinlichkeit eines heftigen kommunikativen Gemetzels hoch. Meist erzeugen intergeschlechtliche Gespräche wechselseitig nur Fragezeichen, und die sind den Gesichtern der Beteiligten förmlich anzusehen.

Typisch ist etwa, dass die weiblichen Wesen Männern gern unterstellen, nicht richtig zuzuhören und nur Sport im Kopf zu haben. Männer hingegen verstehen häufiger nicht, wozu die ganzen Geschichten dienen, die ihnen Frauen so ausschweifend erzählen. Dabei wolle Mann doch nur eine knappe Information von Frau.

Hoffnungslos anders


Daher, liebe Leserin, lieber Leser, die schlechte Botschaft vorweg: Begraben Sie die Idee und den vielleicht innigen Wunsch, Ihr Gegenüber ändern zu können. Genießen Sie die Unterschiede und nutzen Sie die Andersartigkeit als Trainingsangebot zur Komplettierung Ihrer kommunikativen Kompetenz und Flexibilität. Also ab ins Trainingslager.

Beginnen wir mit einer kleinen, verwirrenden Frage: Was macht uns Männer zum Beispiel so sicher, dass wir glauben zu wissen, was die Frauen meinen? Nichts, wirklich nichts kann uns sicher machen! Denn wir verstehen ja nicht, was wir nicht verstehen! Aber was verstehen wir dann? Wir verstehen nur unsere Gedanken darüber, was wir denken, was die Frauen sagen oder nicht einmal sagen, aber meinen. Woran liegt das? Am Gehirn eher nicht. Auffällig ist nur, dass der Kern des Hypothalamus, der Nucleus praeopticus medialis, bei Männern stärker ausgebildet ist als bei Frauen. Er spielt eine große Rolle im Aggressionsverhalten sowie bei der Sexualität, die hier eng miteinander verbunden sind.

Die Geschlechter haben aber unterschiedliche mentale Landkarten im Kopf, weil sie die so genannte "Realität" unterschiedlich wahrnehmen. Das Betriebssystem ihrer Wahrnehmung funktioniert teilweise anders. So entwickeln sich dann geschlechtsspezifische Denkmuster, genau so, wie es neurologische oder kulturell bedingte Wahrnehmungsfilter gibt. Schätzungsweise 70 bis 80 Prozent der Männer und Frauen ticken "typisch" weiblich oder männlich – eben als Sammlerinnen von der Venus und Jäger vom Mars, um ein Klischee zu bedienen. Aber diese uralten Bilder und Metaphern helfen uns, den Gender-Talk besser zu verstehen. Drehen wir also ein paar Trainingsrunden, die ein wenig überzeichnet darstellen, worauf es ankommt:

Erste Runde: beim Optiker


Während der Mann seine neue Brille in Rekordzeit "erlegen", also zum Absch(l)uss kommen will, erfreut sich die Frau beim Sammeln von Möglichkeiten und genießt es, die verschiedensten Fassungen auszuprobieren. Denn ihr geht es nicht primär darum, Entscheidungen zu treffen, sondern um den

Prozess des Aussuchens. Und so kann es sein, dass sie nach der Anprobe der 23. Fassung und im Angesicht voller Regale mit Fassungen sagt: "Haben Sie nicht noch andere?" Geben Sie als Verkäufer oder Berater der Venus den Raum, die Zeit und die Möglichkeiten, auszusuchen und reden Sie mit ihr darüber, wie Ihnen selbst die verschiedenen Fassungen gefallen, welche Sie gestern erst verkauft haben an eine Frau, die gern gedeckte Farben trägt, und holen Sie gern auch noch eine Kollegin, denn gemeinsames Aussuchen macht noch viel mehr Freude.

Das ersparen Sie bitte einem Mann! Legen Sie ihm maximal drei Fassungen zur Entscheidung vor und lassen Sie ihn die finale Wahl treffen. Wenn er noch unschlüssig sein sollte, dann fragen Sie ihn, welche überhaupt nicht in Frage kommt, legen diese dann weg und zeigen ihm, wenn Sie ihn für sehr flexibel halten, noch eine andere Dritte, damit er sich entscheiden kann. Nach der Wahl kommentieren Sie seine Entscheidung mit den Worten: "Da haben Sie alles richtig gemacht!"

Männer "ticken" sequentiell, nehmen Dinge nacheinander wahr und fokussieren auf das Ergebnis. Die Damenwelt "tickt" simultan, nimmt die Fassungen gleichzeitig wahr und erfreut sich am Prozess. Doch was bedeutet das für die Kommunikation miteinander?

Zweite Runde: im Abstimmungsgespräch

Die Verkäuferin muss sich mit ihrem Kollegen über das Vorgehen bei Kunde X abstimmen. Sie erzählt ihm gerade, was Kunde X schon alles geordert hat, und dass Kunde Y auch Interesse an einem Angebot signalisiert hat. Währenddessen fällt ihr auf, dass ihr Kollege langsam ungeduldig wird. Dieser scheint nicht richtig zuzuhören und spielt mit seinem Blackberry rum. Daher fragt sie ihn: "Was machen wir denn nun mit Kunde X, wenn er die Änderung, die er angefragt hat, unbedingt braucht?" Der Kollege hat aber mittlerweile im Gespräch die Orientierung verloren, da er aus seiner Sicht vergeblich versucht, all ihre Informationen über Kunde Y und die bisherigen Bestellungen von Kunde X daraufhin abzuchecken, was sie in Bezug auf die anstehende Entscheidung (Angebot mit Änderungswunsch) bedeuten könnten. Während der Mann also auf das Ergebnis fokussiert, ist die Frau mit ihrer Aufmerksamkeit bei der Geschichte, beim Weg und den vielen Möglichkeiten, die zum Ergebnis führen könnten.

Wenn Sie als Frau möchten, dass Ihr Gespräch nicht die gängigen Vorurteile über Männer bestätigt, dann sagen Sie Ihrem Kollegen erst das Ergebnis Ihrer Gedanken, und erzählen Sie ihm anschließend die für Sie notwendigen Informationen. Als Kollege füttern Sie bitte Ihre Kollegin erst mit Ihren vorausgegangenen Gedanken und dann kommen Sie zum Fazit oder zum Vorschlag. Denn: Männer denken linear, sehen geradeaus –fokussiert und brauchen einen klaren Kontext oder ein deutliches Ziel, Frauen denken zirkulär, sehen eher peripher und erschließen sich den Kontext im Gespräch.

Dritte Runde: beim 50. Geburtstag

Ein Mann ist mit seiner Frau zum 50. Geburtstag ihres besten Freundes eingeladen, sie betreten gerade das Restaurant, einen umgebauten Bauernhof. Während der Mann gerade seine innere Landkarte der Örtlichkeit erstellt (wo sind unsere Plätze? Wo ist das WC, die Garderobe und die Zapfanlage für das Pils?) sagt die Frau zu ihm: "Schatz, ich glaube, bei Klaus und Monika kriselt es gerade!" Der wahrscheinliche Kommentar des Mannes: "Wieso, sind die beiden auch schon da?"

Der Mann erlebt die Szene wie ein Zuschauer und macht sich einen Plan, während seine Frau die Atmosphäre aufnimmt und in die Beziehungen "eintaucht". Wir Männer vom Mars haben eine dissoziierte Wahrnehmung, betrachten die Welt wie von außen, und die Wesen von der Venus haben eine assoziierte Wahrnehmung, erleben sich als Teil von dem, was passiert.

Im Kino ist dies nicht zu übersehen. Die Frauen haben das Taschentuch in der Hand und feuchte Augen, während der Mann über den dramaturgisch gelungenen Schachzug des Regisseurs nachdenkt, genau vor die Schlachtszene noch den Abschied des in den Krieg ziehenden Soldaten von Frau und Kindern zu zeigen. Und wie erleben wir diese unterschiedliche Wahrnehmungsperspektive im Gender-Talk?

Vierte Runde: im Konfliktgespräch

Ein Mitarbeiter hat einen Termin nicht einhalten können, was für das Projekt unangenehme Folgen haben kann. Darüber muss seine Chefin mit ihm sprechen. Der Mitarbeiter kommt ganz gelassen zu ihr, was sie schon etwas ärgert. Es bringt sie in Wallung, dass ihn sein Fehler offensichtlich nicht sehr nahe geht, und es ihm vielleicht auch egal ist, dass sie sich aufregt und wegen seines Fehlers Probleme mit ihrem Auftraggeber bekommen könnte. Schon sagt er: "Ich habe mal für das Projekt eine neue Risikoanalyse gemacht. Wir sind noch gut im Plan – kein Problem!" "Das sagen Sie so locker, und ich habe unseren Auftraggeber im Nacken!" sagt die Chefin gereizt. Seine Antwort: "Chefin, das habe ich garantiert im Griff, das ist doch keine Katastrophe, da müssen wir ganz cool bleiben. Und Emotionen helfen hier nun wirklich nicht weiter!" Diese Bemerkung erlebt sie als persönliche Kritik und schon wesentlich lauter entgegnet sie ihm: "Diesen Kommentar können Sie sich sparen, und Ihre Überheblichkeit wird noch Konsequenzen haben!"

Wenn Sie als Mann deeskalieren wollen, dann kommunizieren Sie jetzt bitte empathisch. Drücken Sie aus, was Sie in dieser Situation empfinden und was Sie wahrnehmen, wie es Ihrer Chefin emotional geht. Wollen Sie als Frau das Gespräch zu einem guten Ende bringen, dann berücksichtigen Sie bitte, dass Ihr männliches Gegenüber leichter auf Fakten, Zahlen und Informationen fokussieren kann als auf Beziehung und Emotionen.

Bedenken Sie aber grundsätzlich dies: Mann-Frau-Konflikte sind Komplimente des Schicksals an Ihre Fähigkeit, diese manchmal zu lösen und noch häufiger genießen zu können.

Das 2-x-5-Punkte-Programm eleganter Mann-Frau-Kommunikation

Machen wir es gerecht: Jeder bekommt fünf kleine Trainingsaufgaben.

Für die Frau:
  1. Machen Sie den Kontext klar: Sagen Sie, worüber Sie jetzt genau sprechen möchten.
  2. Sagen Sie zu Beginn Ihr Resultat, Fazit oder Ihre Entscheidung. Und dann erst geben Sie die aus Ihrer Sicht notwendigen Beschreibungen hinzu.
  3. In emotional "geladenen" Situationen wechseln Sie auf die Meta-Ebene. Sprechen Sie mit ihm darüber, wie Sie weiter mit ihm sprechen möchten oder vereinbaren Sie Gesprächsregeln und halten sich dran – auch wenn es schwer fällt.
  4. Sagen Sie in Konflikten, woran Sie messen oder exakt erkennen würden, dass er sich deeskalierend verhält.
  5. Drücken Sie Emotionen technisch aus ("In mir geht gleich das Dampfventil hoch!").
Für den Mann:
  1. Geben Sie der Frau mehr Zeit, ausführlicher zu beschreiben, was ihr wichtig ist.
  2. Auch wenn bestimmte Details für Sie nicht wichtig sind, hören Sie ihr zu.
  3. Kommunizieren Sie empathisch: Sagen Sie, was Sie gerade fühlen oder geben Sie Rückmeldung darüber, was Sie wahrnehmen, wie sich die Frau gerade fühlt.
  4. Sagen Sie, was Ihnen in der Beziehung zur Frau wichtig ist, auch wenn es aus Ihrer Sicht nur um Fakten geht.
  5. Hören Sie aktiv zu: Geben Sie ihr non- und para-verbale Signale des Zuhörens (Kopfnicken, Blickkontakt, Oberkörper zuwenden, "ja, aha, mmmh, gut, freut mich…" usw.).
ZUM AUTOR
Über Helmut Kraft
Kraft-Training
Helmut Kraft ist seit 1993 als Management-Trainer und Coach tätig und Inhaber der Firma Kraft-Training. Zu seinen Kunden gehören u. a. Carl Zeiss, Frankfurter Societät, Heine Versand, Intersnack, Maxdata, TÜV Süd, ZF Sachs. ...
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