Pressemitteilung, 26.06.2007 - 16:44 Uhr
Perspektive Mittelstand
„Laptop und Latex“ – Gabriele Pauli und die „bösen Bayern-Buben“
(PM) , 26.06.2007 - Auch Georg Paul Hefty weiß nicht, wie es mit der CSU weitergeht Bonn/München – Georg Paul Hefty ist ein intimer Kenner der CSU. Nach dem Studium der Politikwissenschaft stieg der am 5. Mai 1947 im niederbayerischen Pfarrkirchen geborene heutige Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) www.faz.net als Referent der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in das Berufsleben ein „und nahm teil an der Vielfalt der Politik von der Wahlkreisbetreuung über die parlamentarische Untersuchung bis hin zur Gesetzesvorbereitung.“ So steht es zumindest in seiner FAZ-Kurzbiographie unter der Rubrik „Die Redaktion stellt sich vor“. Seit 1981 ist Hefty professioneller Politikbeobachter und –kommentator bei der „Zeitung für Deutschland“ und vornehmlich für Fragen der Innenpolitik zuständig. Eine gewisse Sympathie für den sozialen Flügel innerhalb der Union ist seinen Beiträgen nicht abzusprechen. Die Lektüre dieses schmalen Bändchens kann nicht schaden – aber viel Nutzen bringt sie auch nicht. Als Kommentator der FAZ überzeugt Hefty oft mit seinen klugen Analysen. Sein Urteil über das politische Treiben in Berlin und deutschlandweit ist meist fundiert, originell und tiefschürfend. Sein Wissen über die CSU ist beachtlich, keine Frage. Er kennt sich bis in die kleinsten Verästelungen der „erfolgreichsten Partei der westlichen Welt“ aus. Doch manchmal schadet zu viel Spezialistentum. Denn so genau will es der Leser im Zweifelsfall auch wieder nicht wissen, wenn er nicht gerade an einer politikwissenschaftlichen Seminararbeit über die weiß-blaue Staatspartei sitzt. Wenn man über die CSU schreibt, muss die Sprache ja nicht gleich krachledern sein, aber ein wenig mehr Farbe wünscht man sich schon. Der Journalist Hefty kann zupackend und zuspitzend formulieren, hier tut er es zu wenig. Vielleicht ist er eher der Mann für die journalistische Form. „Die CSU an der Wegscheide“ ist oft so trocken und unoriginell geschrieben, wie es der Titel schon befürchten lässt. Zu Beginn beschäftigt sich der Autor viel zu intensiv mit der Historie der CSU. Die kennt man entweder oder kann sie andernorts nachlesen. Die Leser wollen ja in erster Linie wissen, wie die Nachfolgeregelung im Freistaat aussieht. Was macht Edmund Stoiber nach seinem Abgang? Werden Beckstein und Huber das Fell des Bären untereinander teilen? Darauf gibt Hefty keine plausible Antwort. Klar, er kann in keine Kristallkugel blicken. Doch er wagt noch nicht einmal einen spekulativen Blick in die Zukunft, auf die Gefahr hin, später von der Wirklichkeit korrigiert zu werden. Hefty begründet seine Schwierigkeit mit genaueren Vorhersagen folgendermaßen: „Da der Ober-Bayer Stoiber nicht von einer ihn anerkannterweise überragenden Gestalt verdrängt wurde, sondern von einer in sich zerstrittenen Ansammlung in die Flucht geschlagen wurde, ist die Zukunft der CSU und in gewissem Maße auch Bayerns so unbestimmt wie noch nie seit den fünfziger Jahren.“ Kein Zweifel: Die perfekteste Machtmaschinerie Deutschlands ist nicht mehr perfekt geschmiert. Das kann nicht allein an der Fürther Landrätin Gabriele Pauli liegen, deren Ego von der bösen Bayern-Buben nicht genug gestreichelt wurde. Selbst nach den verklemmt-erotischen Posen für Park Avenue hätte man sie noch unter dem Motto „Laptop und Latex“ in die große CSU-Familie integrieren können. Denn trotz aller Vorurteile: Bayern ist gerade in Fragen der Liebe in all ihren Schattierungen ein sehr liberales Land. Wenn heute Seehofer und andere CSU-Größen die Frage der ehelichen Treue nicht so genau nehmen, dann eifern sie doch nur imposanten Vorbildern in der Landesgeschichte nach. Wer bisher Erwin Huber für den Harry Klein der CSU hielt und damit ungeeignet, den Parteivorsitz zu übernehmen, denkt nach der Lektüre dieses Bändchens vielleicht noch einmal um. Hefty attestiert dem Ministerpräsidenten-Kandidaten Günther Beckstein durchaus „Durchsetzungsfähigkeit und Schlitzohrigkeit“. Doch er weist auch auf die Schwachstellen hin, die ihn eigentlich noch weniger als den Generalisten Huber als zukünftigen Landesvater erscheinen lassen: „CSU-Politiker mit gutem Erinnerungsvermögen behaupten, von Beckstein noch nie ein Wort zu Aufgaben der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Kunst, des Umweltschutzes oder der Landwirtschaft gehört zu haben.“ Hefty schließt sein Buch mit der Bemerkung, der kommende Parteitag der CSU im September 2007 habe es in der Hand, „ob er als Abnickmaschine oder als Gestaltungskraft in die Geschichte der CSU eingeht“. Nur: Wen sollen die rund 160.000 Parteimitglieder bis zu diesem Datum noch aus dem Hut zaubern? Man sollte sich nicht der Illusion hingeben, dass die Nachfolgeregelung, die in Hinterzimmern ausgekungelt worden ist, durch demokratische Willensbekundungen noch umgestoßen werden kann. Georg Paul Hefty: Die CSU an der Wegscheide. Olzog Verlag: München 2007. www.olzog.de. 127 Seiten, 12,90 Euro.