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Kassandra ist ein schlechter Ratgeber für die Diskussion über Demographie – „Old Europe“ braucht keine masochistische Lust am Untergang

(PM) , 03.01.2007 - Von Ansgar Lange Bonn/Düsseldorf – Der amerikanische Ex-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld war für seine mehr oder minder witzigen Bonmots bekannt. Bevor Rumsfeld selber im wahrsten Sinne des Wortes „alt aussah“ und von Präsident Bush in die Wüste geschickte wurde, deklassierte er die europäischen Gegner des Irak-Krieges als „Old Europe“. Damit waren insbesondere Deutschland und Frankreich gemeint. Mittlerweile dürfte den meisten klar geworden sein, dass der damalige Triumphalismus der Bush-Administration voreilig war. Aber dass Europa in einem anderen Sinne zum alten Eisen gehört, wird ernsthaft nicht bestritten werden können. Stefanie Wahl hat dieses Phänomen in einem Artikel für die Informationen aus dem Institut für Wirtschaft und Gesellschaft Bonn (IWG Bonn) www.iwg-bonn.de untersucht. Sie gelangt zu der Erkenntnis, dass in puncto Demographie mit Fug und Recht von „Old Europe“ die Rede sein darf. „Je nach unterstellter Geburtenrate nimmt die Bevölkerungszahl bis 2050 um 75 bis 122 Millionen bzw. um ein Zehntel bis ein Sechstel ab. In allen anderen Kontinenten der Welt steigt dagegen die Bevölkerungszahl im gleichen Zeitraum um insgesamt knapp 2,7 Milliarden bzw. fast 50 Prozent“, schreibt Wahl. Von einhundert Weltbürgern seien heute elf Europäer. 2035 werden es nur noch neun, 2050 sogar nur noch sieben sein. Zwar wird die gesamte Weltbevölkerung älter. Doch auch im Jahr 2025 ist der Anteil der über 60-Jährigen in Europa mit 28 Prozent noch immer doppelt so hoch wie in der übrigen Welt. Trotz dieses demographischen Trends sind laut Wahl keine Engpässe bei Erwerbspersonen wahrscheinlich. Die Gegenläufigkeit der Bevölkerungsentwicklung in Europa und der übrigen Welt lässt laut IWG nur den Schluss zu, dass der „alte“ Kontinent in Zukunft mit einer Stimme sprechen müsse. Denn mit dem Bevölkerungsrückgang gehe auch ein Verlust des politischen Einflusses einher. Die konsequente und einheitliche Vertretung der europäischen Interessen müsse daher auch „eines der wichtigsten Ziele der deutschen EU-Ratspräsidentschaft sein“, folgert Wahl. Erwerbsarbeit werde künftig weltweit reichlich vorhanden und folglich billig sein. Europa könne daher seine demographiebedingte Arbeitskräfteknappheit weitgehend überwinden. In der Diskussion über die demographischen Folgen dürfe Kassandra nicht weiter die Hauptrolle spielen, mahnt Udo Nadolski vom Düsseldorfer Beratungshaus Harvey Nash www.harveynash.de. Man könne zwar bestimmte zukünftige Entwicklungen voraussehen, doch sei es völlig abwegig, von einer Art Zwangsläufigkeit auszugehen. „Wenn Journalisten oder so genannte Demographieforscher Europa eine Verelendung wie in der Dritten Welt voraussagen und so tun, als sei der Zug schon abgefahren, ist das nicht nur falsch, sondern auch verantwortungslos. Man muss zur Kenntnis nehmen, dass man mit dem Malen von Schreckensszenarien keine positiven Energien in der Bevölkerung wecken kann“, so Nadolski. Die Neue Zürcher Zeitung www.nzz.ch hatte vor kurzem Herwig Birg, den wohl bekanntesten Bevölkerungswissenschaftler der Bundesrepublik, kritisiert. Birg lasse sich auch durch „kraftvolle Gegenargumente nicht von seiner düsteren Prognose abbringen“. Möglichkeiten wie die Heraufsetzung des Pensionsalters für eine länger lebende Bevölkerung zur Entlastung der Rentenkassen und zum Ausgleich des angeblich drohenden Arbeitskräftemangels lasse der Professor nicht gelten. Auch dem Einwand, dass ein weniger dicht besiedeltes Land ja nicht unbedingt eine traumatische Vorstellung sein müsse, schenke er kaum Gehör. „Manche verspüren vielleicht eine masochistische Lust am Untergang. Doch Oswald Spengler war schon immer ein schlechter Ratgeber für rationales Handeln“, meint Nadolski.
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