Am 19.01.2011 hat der Bundesfinanzhof (BFH) seinen Jahresbericht veröffentlicht. Er erläutert für 2010 die Tätigkeit des BFH, der für die Wahrung einer einheitlichen Anwendung der Steuergesetze und die Fortbildung des Steuerrechts zuständig ist.
(PM) Saarbrücken, 18.02.2011 - In seinem Jahresbericht 2010 weist der Bundesfinanzhof auf steuerrechtliche Schwerpunktentscheidungen hin, mit denen in diesem Jahr voraussichtlich gerechnet werden kann. Folgende Entscheidungen des Bundesfinanzhof sind danach u. a. im Jahre 2011 zu erwarten:
"Grunderwerbsteuer als Anschaffungsnebenkosten oder als sofort abzugsfähiger Aufwand
Erheblicher praktischer und wirtschaftlicher Bedeutung werden den Entscheidungen des I. Senats in den Verfahren I R 2/10 und I R 40/10 beigemessen, die die Frage betreffen, ob eine mit der Übertragung von Anteilen an grundbesitzenden Kapitalgesellschaften entstehende Grunderwerbsteuer zu aktivierungspflichtigen Anschaffungsnebenkosten oder zu sofort abzugsfähigem Aufwand führt.
Abschreibung auf Aktien
Nachdem der I. Senat in seinem Urteil vom 26.9.2007 I R 58/06 (BStBl II 2009, 924) bereits grundlegend zur Abschreibung bei Wertminderung börsennotierter Aktien im Anlagevermögen entschieden hat, eröffnet ihm das Revisionsverfahren I R 89/10 die Möglichkeit, diese Rechtsprechung weiter zu konkretisieren.
Vertragsarztzulassung als selbständiges immaterielles Wirtschaftsgut
Im Verfahren VIII R 13/08 wird der VIII. Senat beurteilen, ob der Erwerber einer Vertragsarztpraxis die Vertragsarztzulassung als selbständiges immaterielles Wirtschaftsgut aktivieren muss. Eine Abschreibung darauf wäre dann mangels Wertverzehr nicht zulässig.
Familienheimfahrt mit Dienstwagen bei doppelter Haushaltsführung
Lohnempfänger müssen für Familienheimfahrten mit dem Dienstwagen im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung nur dann einen Sachbezug versteuern, wenn sie mehr als eine Heimfahrt wöchentlich durchführen. Der VIII. Senat wird im Verfahren VIII R 24/09 beurteilen, ob Steuerpflichtige mit Gewinneinkünften verfassungswidrig benachteiligt werden, weil bei ihnen für jede Heimfahrt mit einem betrieblichen Pkw eine Entnahme nach der 1%-Regel angesetzt wird.
Regelmäßige Arbeitsstätte bei Außendienstmitarbeitern
In dem Verfahren VI R 58/09 wird der VI. Senat zu entscheiden haben, ob ein Außendienstmitarbeiter seine regelmäßige Arbeitsstätte am Firmensitz hat, an dem er zu Kontrollzwecken täglich erscheinen muss, wo ihm aber kein individueller Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
Umgekehrte Familienheimfahrten bei der doppelten Haushaltsführung
Der VI. Senat wird in dem Verfahren VI R 15/10 prüfen, ob die Kosten einer Reise des Ehegatten vom Familienwohnsitz zum Beschäftigungsort des anderen Ehegatten Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung sind. Dabei könnte entscheidungserheblich werden, ob der den Zweithaushalt führende Ehegatte aus privaten oder aus dienstlichen Gründen die Familienheimfahrt nicht selbst durchgeführt hat.
Zurechnung von Zinsen und Anrechnung von Kapitalertragsteuer
Das Verfahren VIII R 17/09 betrifft die Frage, bei wem Einkünfte aus Kapitalvermögen anzusetzen sind und Kapitalertragsteuer anzurechnen ist, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH Gelder der Gesellschaft im eigenen Namen anlegt und die erzielten Zinsen an die Gesellschaft zurückleitet.
Sonn- und Feiertagszuschläge beim Gesellschafter-Geschäftsführer
Gesonderte Vergütungen, die eine GmbH ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer für die Ableistung von Überstunden zahlt, sind regelmäßig verdeckte Gewinnausschüttungen und damit Einkünfte aus Kapitalvermögen. Im Verfahren VIII R 27/09 geht es um die Frage, ob dies auch für Sonn- und Feiertagszuschläge gilt und ob das Finanzamt die verdeckten Gewinnausschüttungen und die anrechenbare Körperschaftsteuer trotz Bestandskraft der Einkommensteuerfestsetzungen berücksichtigen durfte.
Haftung für unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer
Wer unberechtigt in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, schuldet gemäß § 14c Abs. 2 UStG den ausgewiesenen Steuerbetrag. In dem Verfahren V R 39/09 wird der V. Senat zu beurteilen haben, welche formalen Angaben ein Dokument mindestens enthalten muss, damit es als "Rechnung“ im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist und eine Haftung des Ausstellers für die ausgewiesene Umsatzsteuer begründen kann.
Verpflichtende elektronische Übermittlung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen
In dem Verfahren XI R 33/09 wird der Bundesfinanzhof zu klären haben, ob es verfassungsgemäß ist, dass Unternehmer nach § 18 Abs. 1 UStG seit dem Jahr 2005 8 Umsatzsteuer-Voranmeldungen grundsätzlich elektronisch zu übermitteln haben. Ferner ist streitig, unter welchen Voraussetzungen einem Antrag, auf elektronische Übermittlung zu verzichten, stattzugeben ist".
Neben diesen Schwerpunktentscheidungen kann im Jahr 2011 mit einer Vielzahl weiterer, für die Fortbildung des Steuerrechts wesentlicher Entscheidungen gerechnet werden. Eine ausführliche Übersicht über die im Jahr 2011 zu erwartenden Entscheidungen von besonderer Bedeutung findet sich unter www.bundesfinanzhof.de.