Pressemitteilung, 03.12.2008 - 11:15 Uhr
Perspektive Mittelstand
Insolvenzen, Neugründungen und Löschungen, Jahr 2008
(PM) , 03.12.2008 - Trendumkehr bei den UnternehmensinsolvenzenDie Zahl der Unternehmensinsolvenzen steigt zum ersten Mal seit 2003 wieder an. Insgesamt belaufen sich die Unternehmensinsolvenzen für das Jahr 2008 auf 29.800 Fälle, was einem Plus von 2,2 Prozent (2007: 29.150 Fälle) im Jahresverlauf entspricht. Dagegen gehen zum ersten Mal seit Einführung der Insolvenzordnung die Verbraucherinsolvenzen zurück: Insgesamt 98.500 Personen beantragten bei Gericht die Restschuldbefreiung (Vorjahr: 105.300). Die Abnahme beruht allerdings nicht auf einer Verbesserung der Lage, sondern vielfach auf einer Einschränkung der Beratungsleistungen von Seiten der Gerichte.Die „Sonstigen Insolvenzen“ – Nachlasskonkurse, ehemals selbstständig Tätige und persönlich haftende Gesellschafter – belaufen sich im Jahr 2008 auf 28.400 Fälle und verzeichnen damit einen leichten Rückgang von minus 6,3 Prozent. Insgesamt beläuft sich die Zahl aller Insolvenzen für das Jahr 2008 auf 156.700 Fälle. Das sind 4,9 Prozent weniger als 2007.Um 2,4 Prozent stiegen die Unternehmensinsolvenzen in den alten Bundesländern im Verlauf des Jahres auf 23.800 betroffene Betriebe (Vorjahr: 23.250). Die Privatinsolvenzen (also die Verbraucher- plus die sonstigen Insolvenzen) reduzierten sich im Laufe des Jahres um 4,0 Prozent auf 97.750 Fälle. In Ostdeutschland nehmen die Unternehmensinsolvenzen nur sehr leicht um 1,7 Prozent auf 6.000 betroffene Betriebe zu. Im Jahr 2007 waren noch 5.900 Insolvenzen gezählt worden, was einem deutlichen Rückgang um 17,5 Prozent entsprach. Die Privatpersoneninsolvenzen nahmen dagegen ungleich stärker ab als in den alten Bundesländern. Wurden im vergangenen Jahr noch 33.750 Fälle von Insolvenzen natürlicher Personen gezählt, so sind es aktuell nur noch 29.150.Dienstleister überdurchschnittlich, Verarbeitendes Gewerbe nur unterdurchschnittlich von Insolvenzen betroffenUm deutliche 16,3 Prozent auf 2.520 betroffene Unternehmen ging die Zahl der Insolvenzen im Verarbeitenden Gewerbe zurück. Die Dienstleistungsbranche hingegen hat einen Anstieg der Insolvenzen um 5,3 Prozent zu verkraften. Auch die Handelsunternehmen weisen einen größeren Anstieg (um 4,1 Prozent) der Insolvenzen auf als der Durchschnitt aller Branchen (2,2 Prozent). Im Baugewerbe stieg die Zahl der Insolvenzen um 2,1 Prozent auf 5.440 Unternehmen an. Im Durchschnitt aller Branchen gingen im Jahr 2008 96 von 10.000 Unternehmen in die Insolvenz. Im Bau waren es mit 163 deutlich mehr und im Verarbeitenden Gewerbe waren es deutlich weniger – nämlich 66. Den stärksten Anstieg verzeichnete die Branche „sonstiger Fahrzeugbau“, hier gingen die Insolvenzen um 75,3 Prozent nach oben. Dagegen verzeichnet die Branche „Herstellung von Möbeln“ den stärksten Rückgang: Um 40,5 Prozent nahmen hier die Insolvenzen ab. Insolvenzgefährdet: Kleine, junge UnternehmenDer Anteil an Mikrobetrieben am Insolvenzgeschehen steigt seit Jahren an. Mehr als jeder vierte Antrag (25,8 Prozent; Vorjahr: 25,5 Prozent) betrifft mittlerweile einen Betrieb, der weniger als 100.000 Euro im Jahr umgesetzt hat. Betriebe, die fünf Millionen Euro und mehr Umsatz pro Jahr erwirtschaften, machen demgegenüber nur einen sehr geringen Teil vom Insolvenzgeschehen aus. In diesem Jahr sind es 4,1 Prozent Anteil; im Jahr 2007 waren es 4,2 Prozent. Insolvenzgefährdet sind Betriebe insbesondere in den ersten vier Jahren ihres Bestehens. Dieser Anteil erhöhte sich im Jahresverlauf noch einmal leicht um 0,2 Prozentpunkte auf 33,1 Prozent. Leicht zugenommen hat aber auch der Anteil der insolventen „Traditionsunternehmen“, die bereits seit mehr als zehn Jahren am Markt sind, und zwar von 35,4 (2007) auf aktuell 35,5 Prozent. Creditreform BonitätsatlasDer Creditreform Bonitätsatlas stellt die Insolvenzgefährdung von Unternehmen auf Bundesländer- und Kreisebene dar. Die meisten insolvenzgefährdeten Unternehmen gibt es in Sachsen-Anhalt, die wenigsten in Bayern. Der Kreis mit dem niedrigsten Creditreform-Risiko-Indikator (CRI), der die Ausfallwahrscheinlichkeit misst, ist der Kreis München, gefolgt von Bayreuth und Rottal-Inn. Den höchsten Creditreform-Risiko-Indikator gibt es in Aschersleben-Staßfurt. Es folgen Osterode im Harz und Schönebeck. Weniger Schäden, weniger ArbeitsloseDie Summe der Insolvenzschäden beläuft sich für das Jahr 2008 auf 29,0 Milliarden Euro. Das sind 0,2 Milliarden Euro weniger als noch vor einem Jahr. Davon entfallen 21,0 Milliarden Euro (Vorjahr: 21,2 Milliarden Euro) auf die privaten Gläubiger; die öffentliche Hand trifft es – wie im Vorjahr – mit 8,0 Milliarden Euro. Die Zahl der insolvenzbedingt bedrohten Arbeitsplätze beläuft sich aktuell auf 447.000. Das sind 1,6 Prozent mehr als noch vor einem Jahr.Zugang zu Finanzmitteln schwieriger geworden?Im Frühjahr befragte Creditreform 4.000 Unternehmen, ob sie die Auswirkungen der Finanzkrise bereits spürten. Für die jetzige Analyse wurde die Umfrage wiederholt. 32,5 Prozent der im Frühjahr 2008 Befragten gaben an, dass für sie der Zugang zu Finanzmitteln seit dem Herbst 2007 schwieriger oder deutlich schwieriger geworden sei. Aktuell sind es 33,1 Prozent, also nicht augenfällig mehr Unternehmer. Allerdings ist im Baugewerbe eine deutliche Verschärfung der betroffenen Unternehmen festzuhalten: So gaben im Frühjahr 38,3 Prozent der befragten Bauunternehmen an, dass sich der Zugang zu Finanzmitteln für sie verschlechtert habe, während es aktuell schon 55,6 Prozent sind. Nach der Art der Schwierigkeiten gefragt, ergeben sich zum Teil deutliche Verschlechterungen im Vergleich zum Frühjahr: So müssen aktuell 35,6 Prozent der Unternehmen höhere Sicherheiten beibringen, während es vor einem halben Jahr lediglich 16,3 Prozent waren. Auch bei der Frage nach dem „Ob“ bei der Bewilligung eines Kredites hat sich die Lage verschärft: 8,9 Prozent der Unternehmen, die einen Kreditwunsch haben, wurde dieser bis zum November 2008 verwehrt. Im März erfuhren lediglich 1,6 Prozent eine Ablehnung.Wer ging pleite?Die bislang größte Insolvenz des Jahres 2008 ist die der PIN Group. Ebenfalls Konkurs anmelden mussten die drei KarstadtQuelle (jetzt Arcandor) Töchter Wehmeyer, SinnLeffers und Hertie, außerdem der Wohnmobilhersteller KNAUS TABBERT, die Spedition Friedrich Schulze, das IT-Unternehmen Maxdata, der Automobilzulieferer Geiger technologies, die Spedition RiCÖ und die Astroh Küchen GmbH und Co. KG.Gründungszahlen auf dem niedrigsten Stand seit fünf Jahren Das Gründungsgeschehen in Deutschland ist weiter abgeebbt. Nachdem im Vorjahr noch mehr als 855.000 Gewerbeanmeldungen registriert wurden, ist die Zahl der Unternehmens- und Existenzgründungen im Jahr 2008 auf 816.000 zurückgegangen. Dieser Wert markiert den niedrigsten Stand seit fünf Jahren. Während die Neueintragungen einen merklichen Rückgang verzeichneten, sind die Abmeldezahlen nahezu unverändert geblieben. So werden voraussichtlich 711.400 Betriebe und damit 1,1 Prozent weniger als im Vorjahr aus den Registern gelöscht. Per Saldo weist die Gründungsbilanz in Deutschland einen Zuwachs in Höhe von 104.500 Existenzgründern auf. 2008 sind aber weit weniger Betriebe hinzugekommen als im Vorjahr (136.000). In Westdeutschland sank die Zahl der Neuanmeldungen um 4,8 Prozent und damit etwas stärker als im gesamtdeutschen Durchschnitt. Gut 665.000 Betriebe wurden neu ins Gewerbe- bzw. Handelsregister aufgenommen. Im Osten Deutschlands fiel der diesjährige Rückgang der Gründungszahlen weniger dramatisch aus als im Vorjahr. Mit 150.700 Betrieben wurden 4,1 Prozent weniger Neuanmeldungen als 2007 registriert. Plus im Industriesektor – Finanzkrise bremst Kredit- und VersicherungsgewerbeIm Kredit- und Versicherungsgewerbe werden die Gründungsaktivitäten durch die Finanzmarkt- und Bankenkrise erheblich gebremst. Binnen eines Jahres ist die Zahl der Handelsregistereintragungen um 35 Prozent zurückgegangen. Der Groß- und Einzelhandel verzeichnet ein Minus von neun Prozent. Einen Rückgang in ähnlicher Größenordnung gibt es in der Baubranche (minus 9,4 Prozent) und im Verkehrs- und Logistiksektor (minus 11,9 Prozent). Einen Zuwachs der Gründungszahlen um 3,9 Prozent verzeichnet das Verarbeitende Gewerbe.Gute Absatzchancen für neue Anbieter außerhalb des Heimatmarktes46,7 Prozent der in den Jahren 2007 und 2008 gegründeten Unternehmen betreiben Auslandsaktivitäten in Form von Export, Import oder Direktinvestitionen. Dieser Anteil liegt weit über dem Wert, den die mittelständische Wirtschaft als Ganzes erreicht (34,9 Prozent). Die bevorzugten Handelspartner für junge Unternehmen sind die europäischen Nachbarländer der alten EU-15 sowie die neuen Mitgliedsstaaten Osteuropas.(8.650 Zeichen)Neuss, 03. Dezember 2008