Pressemitteilung, 17.06.2014 - 15:44 Uhr
Perspektive Mittelstand
Haftung von Wikipedia für rechtsverletzende biografische Artikel
Am 02. Oktober 2013 urteilte das Oberlandesgericht Stuttgart (Az: 4 U 78/13 ), dass Wikipedia wegen das Persönlichkeitsrecht verletzenden Artikeln als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann.
(PM) Saarbrücken, 17.06.2014 - Die Online-Enzyklopädie muss rechtswidrige Artikel löschen, wenn sie darauf aufmerksam gemacht worden ist.SachverhaltWikipedia ist zur größten Enzyklopädie der Welt geworden und hat unlängst Werke wie den großen Brockhaus vom Markt verdrängt. Unzählige Autoren schreiben und editieren Artikel zu jedem erdenklichen Thema. Auch prominente und weniger prominente Personen werden oft mit einem Artikel bedacht, der ihre Lebensgeschichte und -leistungen zusammenfasst.Experten für Suchmaschinenoptimierung gehen davon aus, dass ein eigener Wikipedia-Eintrag die Sichtbarkeit einer Seite im Google-Ranking erhöht.Die Vielzahl der Autoren bedeutet aber auch eine Vielzahl von Stilen, Meinungen und Aussageinhalten. Ein Wikipedia-Eintrag wird von den meisten Lesern als eine objektive Informationsquelle empfunden. Diesen Einträgen kommt also auch eine erhebliche Bedeutung im Meinungskampf im Internet zu.Wikipedia hat also eine entsprechende Verantwortung in Bezug auf seine Inhalte.Wie weit diese Verantwortung geht, hat das OLG Stuttgart in seiner Entscheidung herausgearbeitet. Der Kläger verlangte Unterlassung mehrerer auf Wikipedia über ihn veröffentlichen Äußerungen. Darunter befanden sich Vorwürfe gegen ihn, wie das Zeigen des verbotenen Hitlergrußes im Fernsehen, sowie das Verharmlosen von Kinderpornografie.Dabei handelt es sich um Tatsachen, also Umstände, deren Vorliegen oder Nichtvorliegen dem Wahrheitsbeweis zugänglich sind - so die juristische Definition. Tatsachen dürfen nur geäußert werden, wenn diese auch wahr sind. Andernfalls kann die Äußerung rechtlich mit Unterlassungsansprüchen z. B. aus § 1004 BGB analog i. V. m. § 823 Abs. 1 BGB angegriffen werden. Auch der strafrechtliche Tatbestand der üblen Nachrede kann relevant werden.In dem Verfahren der I. Instanz vor dem Landgericht Stuttgart war der Kläger mit seinem Anliegen bereits weitgehend erfolgreich gewesen. Wikipedia strengte gegen das Urteil jedoch das Berufungsverfahren an.Entscheidung des OberlandesgerichtesDie Stuttgarter Richter des vierten Senates setzten sich erneut mit der Sache auseinander und kamen ebenfalls zu dem Schluss, dass Wikipedia als ein sog. Störer in Haftung genommen werden kann.Dabei gelten die Grundsätze, die der Bundesgerichtshof in den Entscheidungen Blog-Eintrag (GRUR 2012, 311) und RSS-Feeds (NJW 2012, 2345) für andere Host-Provider aufgestellt hat, nämlich, dass sie, da sie die technische Infrastruktur und den Speicherplatz für Blogs zur Verfügung stellen oder ein Informationsportal betreiben, als Störer für mögliche Rechtsverletzungen auf ihren Webseiten – eingeschränkt haften müssen. Die Haftung beschränkt sich allerdings auf Unterlassungsansprüche. Störer müssen nicht auf Schadensersatz haften, da auf Seiten der Störer kein Verschulden in Bezug auf den Rechtsverstoß vorliegt, da sie vor Kenntniserlangung hiervon noch nicht wissen konnten, dass ein Rechtsverstoß begangen wurde.Aufgrund der Vielzahl der Autoren und der schieren Größe der Enzyklopädie hat das Gericht daher erkannt, dass Wikipedia nicht von sich aus die einzelnen Beiträge auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüfen muss. Nur wenn Wikipedia über einen möglichen Rechtsverstoß informiert wird, muss Wikipedia tätig werden und die Artikel überprüfen und ggfs. löschen.Rechtlich hat dies zur Konsequenz, dass Betroffene nur Unterlassungsansprüche gegen Wikipedia geltend machen können. Wird jemand durch einen Artikel so schwerwiegend in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt, dass ein Schadensersatzanspruch in Betracht kommt, muss dieser gegen den Autor des Textes gerichtet werden.FazitDie Entscheidung des Oberlandesgerichtes stellt ein weiteres Urteil im "Case-Law" der Störerhaftung dar, wonach Webseiten-Betreiber erst ab dem Zeitpunkt der Kenntnis von Rechtsverstößen tätig werden müssen.


ANSPRECHPARTNER/KONTAKT

WAGNER webvocat® Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Frau Daniela Wagner-Schneider LL.M.
Großherzog-Friedrich-Straße 40
66111 Saarbrücken
+49-681-9582820
wagner@webvocat.de
www.webvocat.de

WAGNER webvocat® Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Frau Daniela Wagner-Schneider LL.M.
Zuständigkeitsbereich: Rechtsanwältin
Großherzog-Friedrich-Straße 4
66111 Saarbrücken
+49-681-9582820
wagner@webvocat.de
www.webvocat.de


ÜBER WAGNER RECHTSANWÄLTE WEBVOCAT PARTNERSCHAFT

WAGNER Rechtsanwälte webvocat Partnerschaft ist eine Wirtschaftskanzlei mit einer Spezialisierung im Bereich des Geistigen Eigentums (Marken-, Design-, Patent-, Gebrauchsmuster- und Urheberrecht) und des Wettbewerbsrechts. Darüber hinaus berät die Kanzlei in wirtschaftsrechtlichen Bereichen, wie Handels- und Gesellschaftsrecht, Zoll-, Außensteuer- und Steuerstrafrecht, Internationales Vertrags-, Lizenz-, Vertriebs-, IT- und Social-Media-Recht sowie bei Unternehmensgründungen auch mit Auslandsbezug und bei Fragen der Bilanzierung von geistigem Eigentum. Ferner angeschlossen ist eine eigene Mahn- und Zwangsvollstreckungsabteilung. Die Kanzlei vertritt und berät seit Jahren national und international tätige Unternehmen u.a. der Schuh-, Leder-, Möbel-, IT- und Software-, Pharma-, Energie- und Luftfahrtbranche etc. WAGNER Rechtsanwälte webvocat – Small.Different.Better.