Pressemitteilung, 13.05.2011 - 20:36 Uhr
Perspektive Mittelstand
Grundstücksrecht: Kauf bricht die Miete nicht oder doch?
Kaum ein Grundsatz ist in der Geschichte des Rechts so oft erörtert worden, wie das Verhältnis des Erwerbers von Grundeigentum zu den bestehenden Mietverhältnissen. Soll der Grundsatz „Kauf bricht Miete“ oder der entgegengesetzte Grundsatz gelten?
(PM) Potsdam, 13.05.2011 - Zwar ist heute in § 566 Abs. 1 BGB der Grundsatz geregelt, dass der Immobilienkauf den bestehenden Mietvertrag unberührt lässt. Doch das war nicht immer so. Im ersten Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches stand noch das genaue Gegenteil („Kauf bricht Miete“). Im 19. Jahrhunderte judizierte der bayerische Oberste Gerichtshof zu einem Augsburger Lokalstatut aus dem Jahre 1590 über das Verhältnis des Grundsatzes „Kauf bricht Miete“ aus dem gemeinen Recht: „Jede Abänderung dieses gesetzlichen Grundsatzes als eine Rechtsanomalie muß deutlich und klar sein, deßhalb der sorgfältigsten Auslegung unterzogen werde.“ (BayOGH 3. Feb. 1875 UB d. III. Sen. Nr. 19, BayObLGZ 5 (1876) Nr. 245, S. 686 [688] zum Augsburger Ratsdekret vom 5. April 1590). Und auch im geltenden Recht bedeutet der heute geltende Grundsatz „Kauf bricht keine Miete“ lediglich, dass bei der Veräußerung von Wohnraum an einen Dritten, der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten eintritt. Der bloße Kauf hebt den Mietvertrag somit nicht per se auf. Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs, die sich gerade für einen neueintretenden Käufer eines Grundstückes stellt, bleibt dennoch für den Käufer möglich. Und nicht bloß das: wer beispielsweise ein Grundstück aus der Zwangsversteigerung heraus erwirbt, ist nach § 57a Satz 1 ZVG berechtigt, einen bestehenden Mietvertrag mit Kündigungsfrist zu kündigen. Allerdings ist dies nur innerhalb einer sehr engen Frist möglich, so dass nach der Zuschlagserteilung schnelles Handeln erforderlich ist. ilex Rechtsanwälte & Steuerberater schildert Ihnen die Rechtsfragen, die sich oftmals aus der Praxis beim Wechsel des Eigentümers und Vermieters ergeben.Was muss ich als Käufer eines Grundstückes beachten?Als Käufer eines Grundstückes müssen Sie darauf achten, dass die Stellung als Eigentümer im Normalfall eines Grundstücksverkaufs erst mit der Eintragung im Grundbuch stattfindet. Die Eintragung im Grundbuch kann jedoch Wochen nach dem Termin beim Notar liegen. Solange sie ihre Eigentümerstellung durch den Eintrag im Grundbuch nicht nachweisen können, kann der Mieter die Zahlung der Miete an den neuen Eigentümer und Vermieter zurückweisen. In der Praxis kommt es deshalb darauf an, bereits im Vorfeld einer Eigentumsübertragung mit dem vormaligen Eigentümer eine entsprechende Vereinbarung zu treffen. Beispielsweise können Ansprüche auf Zahlung von Miete zu einem bestimmten Stichtag an den neu eintretenden Eigentümer abgetreten werden. Dies verhindert es, dass der Übergang der Rechte als Vermieter von dem zufälligen Zeitpunkt der Eintragung im Grundbuch abhängig ist.Was muss ich beim Erwerb aus der Zwangsversteigerung beachten?Beim Erwerb eines Grundstückes aus der Zwangsversteigerung findet der Eigentumsübergang bereits mit der Zuschlagserteilung statt. Somit liegt der Unterschied zum Normalfall eines kaufvertraglichen Erwerbers darin, dass derjenige, der bei der Zwangsversteigerung den Zuschlag erhält, das Gebäude als gemachter Eigentümer verlässt. Der kaufvertragliche Erwerber dagegen, muss erst noch die Eintragung im Grundbuch abwarten. Der Ersteher aus der Zwangsversteigerung hat zudem das privilegierte Kündigungsrecht nach § 57a Satz 1 ZVG und kann den Mietvertrag auf dieser Grundlage kündigen; allerdings nur für kurze Zeit.Auf welche Hürden stoßen Grundstückserwerber?Manche Grundstückserwerber möchten ihr neues Haus nach dem Erwerb zügig renovieren und haben sich dazu einen engen Fristenplan gesetzt. Doch dies klappt nicht immer reibungslos: Um Rechte aus einem Mietvertrag geltend zu machen, benötigt man Unterlagen; beispielsweise den bestehenden Mietvertrag. Es stellt sich die Frage, ob der vormalige Eigentümer offene Mietschulden seines Mieters an den Erwerber abtritt oder der Erwerber auf den Stichtag der Grundbucheintragung angewiesen ist? Falls ja, braucht der Erwerber die Information vom vormaligen Eigentümer, welche Mieten offen sind. Es gibt Mieter, die diese Probleme durchaus kennen, sie schamlos ausnutzen und erst einmal monatelang auf die Zahlung von Miete verzichten. Nicht selten stellt sich beim Verkauf eines Hauses zudem die Frage, ob das gesetzliche Vorkaufsrecht des Mieters gewahrt wurde, falls dieser selbst Interesse an einem Erwerb des Hauses hat. Im Zweifelsfall sollte man den Erwerb und die mögliche Nutzung einer Immobilie sorgfältig vorbereiten und auch juristisch wasserdicht machen.


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