Fachartikel, 15.09.2009
Perspektive Mittelstand
Gesundheitsmanagement
Barrieren auf dem Weg zum vitalen Unternehmen
Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM), betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) oder auch Gesundheitsprojekte sehen in jedem Unternehmen anders aus. Und das ist gut so! Viele Formen des BGM und BGF haben jedoch eines gemeinsam: Es geht mehr, vor allem in Sachen Effizienz! Nachfolgend ein Überblick über typische Hemmschuhe auf dem Weg zum vitalen Unternehmen und wie Organisationen diesen erfolgreich begegnen können.
Stolperstein 1: Betriebliches Gesundheitsmanagement ist „irgendwie“ wichtig, wir sollten auch mal was machen

Wenn Unternehmen das Thema „Gesundheit“ für sich entdecken und diesem Thema größere Bedeutung beimessen, ist das sowohl löblich als auch klug, gibt es doch hierfür viele gute Gründe! Ein vitales Unternehmen lässt sich aber nicht nach Schema F herbeizaubern. Denn: die gesundheitlichen Defizite sind in jeder Organisation und sogar Abteilung unterschiedlich und abhängig von firmenspezifischen Faktoren. Und damit eine Frage der Kultur und der ganz eigenen Belastungsmomente eines jeden Betriebes. Das heißt: Was bei Firma A sehr gut funktioniert, muss nicht zwangsläufig auch das passende BGM-Rezept für Firma B sein. Selbst innerbetrieblich existieren „gaps“: Was die Geschäftsführung toll findet und diese für Gesundheit begeistert, begeistert noch lange nicht die Belegschaft.

Betriebliches Gesundheitsmanagement ist kein Selbstzweck. Der BGM-Erfolg will nachgewiesen werden! Was also sind die BGM-Ziele Ihres Unternehmens, was soll erreicht werden und wofür? Soll die Arbeitgeberattraktivität verbessert werden? Soll die Belegschaft sensibilisiert und / oder sollen die Fehlzeiten reduziert werden? Gibt es Zusammenhänge zwischen betrieblicher Belastungssituation und Krankheitsursachen? Eine Zielklärung bedeutet auch, dass der Status Quo bekannt sein muss. Wie viele Eingliederungsfälle gibt es? Wie sieht die Performance in den einzelnen Abteilungen aus? Wo gibt es gravierende gesundheitliche Einschränkungen? Welcher Art sind diese? Aus all diesen Erkenntnissen lässt sich ableiten, wo der BGM-Fokus und der BGM-Hebel in Ihrem Unternehmen liegen müssen. Dies alles schließt den Blick auf die erfolgreichen BGM-Modelle und Vorgehensweisen anderer Unternehmen nicht aus. Vorher braucht es jedoch einen entscheidenden Filter: Was ist Ihre Vision eines vitalen Unternehmens?

Stolperstein 2: Haben wir irgendjemanden, der sich um das Thema Gesundheit kümmern kann?

Immer wieder ist zu beobachten, dass sich häufig auch im Mittelstand mehrere Stellen im Unternehmen um das Thema „Gesundheit“ kümmern; und das oft ohne Absprache. Während  die Führungsriege zum Thema „Gesunde Führung“ fit gemacht wird und Maßnahmen zur Stärkung ihrer sozialen Kompetenzen laufen, finden gleichzeitig im Unternehmen ohne wechselseitige Kenntnis Gesundheitstage statt.

Erfolgreiches betriebliches Gesundheitsmanagement muss top-down verankert und von einer zentralen Projektgruppe Gesundheit koordiniert und evaluiert werden. Alle relevanten betrieblichen Gruppen müssen hier vertreten sein, Führungskräfte, das Personalwesen, der Betriebsarzt, die Mitarbeitervertretung. Gesundheit muss Chefsache sein, das Commitment der Geschäftsführung sichtbar und für die Belegschaft wahrnehmbar.

Stolperstein 3: Betriebliches Gesundheitsmanagement = Firmenfitness

Betriebliches Gesundheitsmanagement ist in aller Regel mehr als Firmenfitness mit Rückenschule, Walking und Massagen in kooperierenden Studios. BGM ist auch mehr als das Gesprächstraining für Führungskräfte oder die Einführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) nach § 84 SGB IX. Betriebliches Gesundheitsmanagement besteht aus mehreren Säulen, und auch hier kommt es wieder auf das richtige Zusammenspiel an – dies alles selbstverständlich abhängig von den Zielen des BGM-Projekts in Ihrem Unternehmen!

Stolperstein 4: Kann eine Führungskraft denn überhaupt etwas für die Gesundheit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen tun?

Ohne gesunde Führung kein erfolgreiches BGM! Denn erst die Entscheidung der Führungskraft bzw. des Inhabers ermöglicht den Mitarbeitern den Zugang zu Gesundheitsangeboten und gesundheitsfördernden Arbeitsbedingungen. Darüber hinaus hat das Verhalten der Führungskräfte aller Ebenen großen Einfluss auf die Mitarbeiterzufriedenheit, denn was die Führungskraft sagt, das zählt! Eine cholerische Führungskraft oder eine, die keine Orientierung bietet, lässt zuweilen die Wirkung von Fitnessmaßnahmen verpuffen oder macht sogar den robustesten Mitarbeiter krank. Die Bedeutung des Führungsverhaltens muss auch vor dem Hintergrund des zunehmenden Anteils psychischer und psychosomatischer Erkrankungen noch stärker herausgestellt werden.

Nicht selten trägt das Arbeitsumfeld zu einer Verstärkung der Beschwerden bei oder ist manchmal auch die Ursache für gesundheitliche Einschränkungen – Stichwort Mobbing.

Stolperstein 5: Mit betrieblichem Gesundheitsmanagement erreicht man nur die Mitarbeiter, die sowieso schon gesundheitsbewusst leben und Sport treiben!

Dies ist eine der schwierigsten und entscheidenden Stolpersteine. Es ist leider eine Illusion zu glauben, dass mit perfekt komponierten BGM-Maßnahmen jeder Mitarbeiter gleichermaßen erreicht werden kann. In Workshops können jedoch Maßnahmen entwickelt werden, die die Besonderheiten der Organisation oder der Abteilung berücksichtigt, mit dem Ziel, möglichst viele zu erreichen. Es gibt hier keine Lösung nach Schema F.

Über ein passgenaues Angebot in Form einer sanften Hinführung zu Fitnessangeboten kann auch die Klientel erreicht werden, die bislang nicht oder nur wenig fitnessaffin war. An dieser Stelle wirkt auch das soziale System „Firma“, welches sehr gut dafür geeignet ist,
Schneeballeffekte in Sachen „Gesundheit und Fitness“ zu erzeugen. Erste, schnell erzielte Erfolge werden auf dem Flur oder in der Kantine besprochen und verbreitet und wecken die Lust der anderen, auch mitzumachen. Dieser Schneeballeffekt wird unterstützt durch den
allgemeinen gesellschaftlichen Trend hin zu „mehr Gesundheit“ und erhöht die positive Wertschätzung, „wenn man etwas für sich und seinen Körper tut“.

Und wie wirkt betriebliches Gesundheitsmanagement bei den Mitarbeitern, die sowieso schon Sport treiben? Gerade bei sportlichen und gesundheitsbewussten Mitarbeitern steigern solche Maßnahmen die Arbeitgeberattraktivität und sorgen so für eine langfristige Mitarbeiterbindung.

Stolperstein 6: Lohnt sich betriebliches Gesundheitsmanagement überhaupt?

Mittlerweile ist die Wirkung von BGM-Maßnahmen sehr viel besser belegt als noch vor einigen Jahren (Iga.Report 13 2006, BKK Gesundheitsreport 2008, DAK Gesundheitsreport 2009). So ist ein Rückgang der Fehlzeiten von 12 bis 36 Prozent und eine Senkung der damit
verbundenen Kosten um 34 % zu verzeichnen (Aldana 2001). Betriebliches Gesundheitsmanagement wirkt sich über das Wohlbefinden der Mitarbeiter auf die Zahlen des Unternehmens aus: Programme zur körperlichen Aktivität, Ernährungsverhalten, Gewichtskontrolle, Alkohol- und Raucherentwöhung, Stressmanagement und Rückenschulen fördern die Kommunikation, Motivation und Identifikation der Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen. BGM wirkt also als Hebel und das massiv: das durchschnittliche Kosten-Nutzen-Verhältnis liegt bei 1:6.

Stolperstein 7: Betriebliches Gesundheitsmanagement auch im Mittelstand?

Ob Kleinunternehmen oder Konzern: der demografische Wandel und BGM geht alle an! Die Unternehmensgröße, das Unternehmensumfeld und die individuellen Umstände beeinflussen die eingangs beschriebene Zielklärung maßgeblich, so dass nur passgenaue Angebote
langfristig erfolgreich sein können. Während in großen Firmen die Führungskräfte zum Beispiel inhouse geschult werden können, besteht bei kleinen Firmen die Möglichkeit, Führungskräfte in offenen oder gemeinschaftlich mit anderen regional ansässigen Unternehmen organisierten Seminaren zu „gesunder Führung“ zu qualifizieren. Als weitere Möglichkeiten hierzu bieten sich die Implementierung von Arbeitskreisen sowie die Durchführung von Zielfindungsworkshops, Motivationsanalysen oder auch Gesundheitsevents an.
ZUM AUTOR
Über Stephan Teuber
Loquenz Unternehmensberatung GmbH
Stephan Teuber ist geschäftsführender Gesellschafter der Loquenz Unternehmensberatung GmbH, Unternehmensberater (CMC/BDU), Vizepräsident im Bundesverband Deutscher Unternehmensberater e.V., Systemischer Supervisor (SG), Organisationsberater (NIK) und NLP-Lehrtrainer (DVNLP). Neben seiner Tätigkeit als Unternehmensberater und Coach ist Stephan Teuber als Lehrbeauftragter für Change Management an der Fachhochschule Ludwigshafen und als Fachbuchautor tätig. Die Loquenz Unternehmensberatung GmbH steht bereits seit 19988 für den Ansatz ganzheitlicher Unternehmensentwicklung und ist bundesweit an mehreren Standorten tätig. Kernkompetenzen des Unternehmens sind betriebliches Gesundheitsmanagement, Führung und Management, Coaching, Change Management und Change Kommunikation. Zu den Kunden von Loquenz zählen Versicherungen, Industriekonzerne, Verbände und Vereinigungen.
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ZUM AUTOR
Über Artur Schmidt
Loquenz Unternehmensberatung GmbH
Artur Schmidt ist Master of Science International Business (University of Stirling, Schottland) und als Business-Coach, Consultant und Projektleiter tätig. Seine Kompetenzschwerpunkte liegen in den Bereichen Change Management, Betriebliches Gesundheitsmanagement und Lean Management im Büro.
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