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G-BA: Verapamil bei Clusterkopfschmerz

Der Calciumantagonist Verapamil soll nach einem aktuellen Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung für die Indikation Clusterkopfschmerz verordnungsfähig sein.
(PM) Kiel, 23.08.2012 - Der Gemeinsame Bundesausschuss hat das Arzneimittel in die Arzneimittelrichtlinie aufgenommen. Nicht alle Hersteller haben eine Stellungnahme abgegeben. Daher sind nur die Präparate der Hersteller 1A/Hexal/Sandoz, Abbott, Aliud/Stada, Basics, Heumann und Wörwag verordnungsfähig. Präparate anderer Hersteller dürfen nicht auf Kassenrezept verordnet werden.

Der Beschluss ist einerseits sehr zu begrüßen und längst überfällig. Andererseits lässt er viele Fragen offen und führt zu neuen Unsicherheiten in der praktischen Therapie. Trotz internationalen Konsens, dass bei Clusterkopfschmerz individuell dosiert werden muss und eine Hochdosistherapie gerade bei schwer betroffenen Patienten erforderlich ist, wird eine anfängliche Standard-Tagesdosis von 120 Milligramm angegeben, die bis maximal 360 Milligramm erhöht werden kann. Mit dieser Dosierung kann nach unseren Erfahrungen und mit Rückblick auf die Literatur nur ein kleiner Teil der Patienten wirksam behandelt werden. Clusterkopfschmerz hat den Beinamen „Suizid-Kopfschmerz“, Patienten verzweifeln vor Schmerzen und nehmen sich ohne ausreichende Therapie gelegentlich das Leben. Die jetzige Dosierungsgrenze scheint daher aus unserer Sicht keine Maßnahme im Sinne des Patientenschutzes. Operationale Kriterien für die EKG-Überwachung stellt der Beschluss nicht zur Verfügung, ein Hinweis auf den Einsatz retardierter Präparate fehlt.

Verapamil in der Behandlung des Clusterkopfschmerzes
(Quelle: H. Göbel, Die Kopfschmerzen, 3. Aufl., 2012, Springer-Verlag, Heidelberg)

Verapamil gehört zur Gruppe der Kalzium-Antagonisten und eignet sich aufgrund der guten Verträglichkeit insbesondere auch zur Dauertherapie bei chronischem Clusterkopfschmerz. Zur Aufrechterhaltung konstanter Serumspiegel sollten nur retardierte Präparate mit einer Wirkzeit von 12 Stunden eingesetzt werden. Diese erlauben auch gerade in der Nacht die Aufrechterhaltung ausreichender Serumkonzentration. Die Dosierung beginnt mit 2 × 120 mg pro Tag (z.B. Isoptin KHK 2 × 1), eine mittlere Dosis ist 2 × 240 mg (z.B. Isoptin RR 2 × 1).

In Abhängigkeit vom Therapieerfolg muss zur Erreichung eines Therapieerfolges unter stationären Bedingungen in spezialisierten Zentren bis auf Dosierungen von 1.200 mg (!) pro Tag erhöht werden. Aufgrund der guten Verträglichkeit und Kombinierbarkeit mit einer Akuttherapie wie Sauerstoff oder Sumatriptan wird Verapamil als Substanz der 1. Wahl angesehen.

Da Verapamil in der Regel erst nach einer Woche wirksam ist, kann initial für drei Tage eine hochdosierte Kortikoidstosstherapie (z.B. Methylprednisolon 1000 mg i.v.) begleitet mit einem Magenschutz (z.B. Pantoprazol 40 mg) erfolgen, um ein schnelles Sistieren der Attacken zu erreichen. Zusätzlich oder alternativ kann für eine Woche zur Überbrückung der Wartezeit bis Eintritt der Wirkung von Verapamil Ergotamintartrat (z.B. Ergotamin 2 × 1–2 mg) oder ein Triptan (z.B. Naratriptan 2 × 2,5 mg) nach festem Zeitschema verabreicht werden. Die Einstellung sollte durch erfahrene Zentren, ggf. unter stationären Bedingungen, erfolgen, insbesondere bei Ersteinstellung auf Sauerstofftherapie, Erstdiagnose eines atypischen Falles, Versagen von zwei prophylaktischen Substanzen und Anwendungsbeschränkungen.

Vorgehen in der Hochdosistherapie mit Verapamil retard bei Clusterkopfschmerz

Die maximal zugelassene Tages-Dosis von Verapamil für die Indikationen Hypertonie und koronare Herzkrankheit beträgt 480 mg. In der Neurologie muss in der vorbeugenden Behandlung von Clusterkopfschmerz diese Dosis im Einzelfall überschritten werden. Dosierungen von 240 mg bis 960 mg/die und im Einzelfall auch mehr können erforderlich werden. Unretardiertes Verapamil führt zu Schwankungen und Lücken im Plasmaspiegel, die Effektivität wird durch unretardiertes Verapamil vermindert. Darüber hinaus fällt in der Nacht der Verapamil-Spiegel bei unretardierter Gabe ab. Gerade in den ersten Tagesstunden ist das Risiko für Attacken besonders hoch. Daher sollte standardmäßig immer nur retardiertes Verapamil eingesetzt werden.
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