Pressemitteilung, 20.11.2008 - 14:31 Uhr
Perspektive Mittelstand
Führende Verfassungsrechtler einig: Revidierter Entwurf zur Erbschaftsteuerreform verstößt wieder gegen das Grundgesetz
(PM) , 20.11.2008 - Der vorliegende Entwurf zur Reform der Erbschaftsteuer wird einer Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nicht standhalten. Insbesondere bei der sogenannten „Verschonungsregel“ sehen Prof. Dr. Paul Kirchhof (Institut für Finanz- und Steuerrecht der Universität Heidelberg) und Prof. Dr. Joachim Lang (Institut für Steuerrecht der Universität Köln) eine verfassungsrechtliche Sollbruchstelle festgeschrieben. „Substanziell hat sich wenig geändert“, so Stefan Heidbreder, Geschäftsführer der Stiftung Familienunternehmen. „Die uns vorgelegten Stellungnahmen zeigen klar: Hier wird aus politischem Kalkül ein Gesetz durchgeboxt, das demnächst wieder revidiert werden muss. Für Familienunternehmen, die ihre Nachfolge regeln wollen, geht die jahrelange Rechtsunsicherheit weiter!“ Die Professoren Kirchhof und Lang hatten den revidierten Gesetzentwurf, auf den sich die Koalition geeinigt hat, einer erneuten Bewertung unterzogen.In unvertretbarem Maße sieht Paul Kirchhof die im Grundgesetz verankerte Berufsfreiheit (Art. 12 GG), Eigentümerfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG) und Unternehmerfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) durch die Verknüpfung der Steuerentlastung an Haltefristen von 7 oder 10 Jahren und der gleichzeitigen Festschreibung auf eine Mindestlohnsumme beeinträchtigt: „Nur die gesetzlichen Bindungen, die sich daraus ergebenden behördlichen Kontrollen sowie der normative Schatten auf Unternehmerinitiative und Unternehmermut stellen Belastungen dar, die unser Verfassungsrecht nicht hinnimmt“, moniert der Heidelberger Verfassungsrechtler und illustriert seine Bedenken mit einem Beispiel, wie es in der Unternehmenspraxis möglich ist: „ Die Betriebsgebundenheit des Vermögens kann dazu führen, dass der Unternehmer nach fünf Jahren von der Handarbeit auf die Arbeit mit Computer oder Roboter umstellen muss. Dann hätte er gerade in der Phase Steuern zu zahlen, in der er um des Betriebes willen einen besonderen Kapitalbedarf hat.“ Die Folgen sind nicht nur für den Einzelbetrieb verheerend, sondern auch volkswirtschaftlich.Prof. Lang sieht mit dem revidierten Erbschaftsteuergesetz Kollateralschäden auf den Staat zukommen, nämlich den Fiskalverlust: „Die Minderung des Steuer- und Sozialabgabenaufkommens durch Kapitalflucht, Abwanderung, Liquidation und Insolvenz von Unternehmen sowie der Verlust von Arbeitsplätzen übersteigen das erbschaftsteuerliche Nettoaufkommen.“ „Angesichts der Bedenken, wie sie Paul Kirchhof und Joachim Lang in ihrer Stellungnahme formulieren, ist es dringend erforderlich, das Gesetz so zu fassen, dass es Bestand haben wird,“ so Heidbreder. „Sollte das Bundesverfassungsgericht die Neufassung des Erbschaftsteuergesetzes – dann bereits zum dritten Mal – als verfassungswidrig beurteilen, so wäre dies für die deutschen Familienunternehmen und die dahinter stehenden Arbeitsplätze schlichtweg eine Katastrophe.“ Seit über drei Jahren arbeitet die Regierung an einer Reform der Erbschaftsteuer. Eine erneute Hängepartie ist aber nicht mehr vertretbar. Denn mehr noch als bei anderen Gesetzen benötigen Familienunternehmen, immerhin rund 95 Prozent aller deutschen Unternehmen, insbesondere bei der Erbschaftsteuer langfristige Rechtssicherheit, da sich der Generationenübergang in Familienunternehmen in der Regel über viele Jahre hinzieht. Download des Textes unter www.familienunternehmen.deWeitere Informationen erhalten Sie unter:Stiftung FamilienunternehmenIsmaninger Straße 56D-81675 MünchenTelefon: +49 (0) 89/ 201 86 610Telefax: +49 (0) 89/ 201 86 619info@familienunternehmen.dewww.familienunternehmen.de