News, 14.12.2005
Perspektive Mittelstand
E-Commerce und E-Business
Neues Urteil bringt Forenbetreiber in Bedrängnis
Immer wieder gibt es Streitigkeiten um rechtswidrige Beiträge in Online-Foren oder Gästebüchern.
Bisher ging die Rechtsprechung davon aus, dass die Betreiber von Foren bzw. ähnlicher Dienste nicht generell dazu verpflichtet sind, sämtliche Einträge vorbeugend zu überwachen, sondern dass diese erst nach Kenntnisnahme von Verstößen rechtswidrige Beiträge unverzüglich entfernen müssen. Ein jetzt ergangenes Urteil des Landgerichts Hamburg stellt diese Praxis jedoch in Frage und verlangt von den Betreibern umfassendere Kontrollen.

Im jetzt verhandelten Fall hat das Hamburger Landgericht eine einstweilige Verfügung gegen einen Forenbetreiber bestätigt, die diesem untersagt Beiträge zu verbreiten, in denen zu einer Art Sabotage gegen einen Server eines Internetanbieters aufgerufen wird (Az. 324 O 721/05).

Konkret hatte das Unternehmen Universal Boards vom Heise Zeitschriftenverlag über eine Abmahnung verlangt, solche Forenbeiträge aus dem Online-Angebot zu entfernen, in denen dazu aufgerufen wird, durch eine hohe Zahl von Downloads bestimmter Angebote den Server des Unternehmens Universal Boards zu überlasten. Der Heise Verlag löschte nach Erhalt der Abmahnung zwar die beanstandeten Forenbeiträge unverzüglich, weigerte sich aber, die geforderte Unterlassungsverpflichtung abzugeben, da man die Meinung vertrat, dass eine solche Handlungsverpflichtung nur dann gegeben sei, wenn man als Betreiber eines Forums von rechtswidrigen Beiträgen Kenntnis erhalte.

Doch das Hamburger Landgericht vertrat nun die Ansicht, dass der Forenbetreiber allein schon durch die Verbreitung der Inhalte haftbar gemacht werden könne. Dabei verwiesen die Richter auf mögliche Kontrollmethoden, mit denen Beiträge vor der Veröffentlichung manuell oder automatisch überprüft werden könnten.

Gegenargumente des beklagten Verlags, dass es keine funktionierenden automatischen Filtermechanismen gebe und eine manuelle Überprüfung angesichts von rund 200.000 Forenbeiträgen pro Monat nicht durchführbar sei, ließ das Landgericht dagegen nicht gelten. Der Heise Verlag hat bereits angekündigt, gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen, sobald die schriftliche Begründung eingegangen ist.

Weitreichende Konsequenzen für Foren und Blogs

Sollte sich die künftige Rechtsprechung an dem jetzt ergangenen Urteil des Landgerichts Hamburg orientieren, so hätte dies weit reichende Konsequenzen für alle Anbieter von Foren, Gästebüchern, Blogs oder ähnlichen Kommunikationsplattformen, in denen ungefilterte Meinungsäußerungen möglich sind. Alle Anbieter müssten dann damit rechnen, dass sie selbst bei rechtswidrigen Beiträgen Dritter haften müssen und z. B. kostenpflichtig abgemahnt werden können.

In der Vergangenheit hatten andere Gerichte zumeist anders entschieden. So sieht etwa der BGH den Anbieter einer Kommunikationsplattform nur dann in der Pflicht, wenn entsprechende zumutbare Kontrollmöglichkeiten zur Verfügung stehen.

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Praxis-Tipp:

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Auch wenn das jetzt ergangene Urteil des Hamburger Landgerichts noch nicht rechtskräftig ist, sollten Anbieter von Foren und ähnlichen Kommunikationsplattformen in der näheren Zukunft besonders vorsichtig agieren und diese Angebote streng kontrollieren. Oder sie sollten notfalls die ungefilterten Meinungsäußerungen verhindern, um rechtlichen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen.


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