Pressemitteilung, 22.07.2014 - 10:05 Uhr
Perspektive Mittelstand
EuGH: Urlaubsabgeltung auch nach dem Tod des Arbeitnehmers
Nicht selten muss sich die Rechtsprechung auch mit Rechten des unmittelbar Betroffenen über dessen Tod hinaus beschäftigen.
(PM) Saarbrücken, 22.07.2014 - In einem jüngst entschiedenen Fall musste sich der Gerichtshof der Europäischen Union mit der Frage beschäftigen, ob der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ohne Begründung eines Abgeltungsanspruchs für nicht genommenen Urlaub untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet. In der zu seinem Urteil vom 12. Juni 2014 in der Rechtssache C-118/13 (Gülay Bollacke / K+ K Klaas & Kock B.V. & Co. KG) zeitgleich ergangenen Pressemitteilung Nr. 83/14 stellt der Gerichtshof hierzu Folgendes fest:„Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub geht mit seinem Tod nicht unter. Das Unionsrecht steht einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegen, die für den Fall des Todes des Arbeitnehmers die Abgeltung für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub ausschließen.Die Richtlinie über die Arbeitszeitgestaltung sieht vor, dass jeder Arbeitnehmer Anspruch auf einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen hat und dass dieser Urlaub außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden darf.Herr Bollacke war vom 1. August 1998 bis zu seinem Tod am 19. November 2010 bei dem Unternehmen K+ K beschäftigt. Von 2009 bis zu seinem Tod war er aufgrund einer schweren Erkrankung mit Unterbrechungen arbeitsunfähig. Bis er starhatte er 140,5 Tage offenen Jahresurlaub angesammelt. Die Witwe von Herrn Bollacke forderte von K+K eine Abgeltung für den von ihrem Ehegatten nicht genommenen Jahresurlaub. Das Unternehmen wies die Forderung zurück und äußerte Zweifel an der Vererbbarkeit der Abgeltung.Das mit der Sache befasste Landesarbeitsgericht möchte vom Gerichtshof wissen, ob das Unionsrecht einzelstaatliche Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten gestattet, wonach im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ohne Begründung eines Abgeltungsanspruchs für nicht genommenen Urlaub untergeht. Ferner möchte es wissen, ob eine solche Abgeltung von einem Antrag des Betroffenen im Vorfeld abhängt.In seinem heutigen Urteil erinnert der Gerichtshof daran, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts ist und dass die Ansprüche auf Jahresurlaub und auf Bezahlung während des Urlaubs zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs darstellen.Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass der Arbeitnehmer, wenn das Arbeitsverhältnis geendet hat, Anspruch auf eine Vergütung hat, um zu verhindern, dass ihm jeder Genuss des Anspruchs auf Urlaub vorenthalten wird.Das Unionsrecht steht einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegen, nach denen dem Arbeitnehmer am Ende des Arbeitsverhältnisses keine finanzielle Vergütung geschuldet wird, obwohl er krankheitsbedingt nicht in den Genuss seines bezahlten Jahresurlaubs kommen konnte. Der Gerichtshof betont, dass der Begriff des bezahlten Jahresurlaubs bedeutet, dass für die Dauer des Jahresurlaubs das Entgelt des Arbeitnehmers fortzuzahlen ist.Ein finanzieller Ausgleich im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers stellt die praktische Wirksamkeit des Urlaubsanspruchs sicher. Der unwägbare Eintritt des Todes des Arbeitnehmers darf nicht rückwirkend zum vollständigen Verlust des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub führen.Der Gerichtshof stellt deshalb klar, dass das Unionsrecht einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegensteht, wonach der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ohne Begründung eines Abgeltungsanspruchs für nicht genommenen Urlaub untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet.Er stellt weiter fest, dass diese Abgeltung nicht davon abhängt, dass der Betroffene im Vorfeld einen Antrag gestellt hat.“FazitDer entschiedene Fall zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, als Arbeitgeber darauf zu achten, dass einzelne Arbeitnehmer nicht jahrelang ein allzu großes „Urlaubspolster“ vor sich herschieben. Insbesondere auf die Verfallbarkeit von Ansprüchen auf Resturlaub nach Bundesurlaubsgesetz ist unbedingt zu achten, damit sich keine gegenteilige betriebliche Übung einschleicht und Ansprüche auf Resturlaub im schlimmsten Fall sogar vererbt werden.


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