Pressemitteilung, 17.02.2006 - 14:16 Uhr
Perspektive Mittelstand
Eine kastrierte Dienstleistungsrichtlinie und gesetzliche Mindestlöhne – Politik setzt weiter auf staatliche Knebelung des Arbeitsmarktes
(PM) , 17.02.2006 - Bonn/Berlin – Nachdem die ursprüngliche Version der Dienstleistungsrichtlinie in einer gemeinsamen Aktion von Europas Christ- und Sozialdemokraten kastriert wurde, will die Bundesregierung die EU-Vorgabe noch stärker „abfedern“. Schwarz-Rot will verhindern, dass ausländische Dienstleister mit Billiglöhnen auf den hiesigen Markt drängen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) damit beauftragt, im Herbst ein Gesetz vorzulegen, so die Süddeutsche Zeitung (SZ) www.sueddeutsche.de. Die „unentschlossene Kanzlerin“ (Kurt Kister) knickt offenbar vor den Stimmen derer ein, welche die Dienstleistungsrichtlinie für Sozialdumping und andere Grausamkeiten verantwortlich machen wollen. Dabei ist das von der Brüsseler Kommission eigentlich vorgesehene Herkunftslandprinzip in der Richtlinie gar nicht mehr enthalten. Nach diesem Prinzip sollten für ausländische Dienstleister, die in einem anderen EU-Land tätig werden, vor allem das Recht des eigenen Heimatlandes gelten. Auch der vor allem wegen seiner Unauffälligkeit auffällig gewordene Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) erkennt auf einmal den neuen Charme der Mindestlöhne, obwohl er sich zuvor explizit gegen sie ausgesprochen hatte. Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion www.fdp-fraktion.de, Rainer Brüderle, lehnt einen vom Staat festgeschriebenen Mindestlohn hingegen ab. Die für den Arbeitsmarkt richtige Lohnhöhe könne sich nur auf dem Markt bilden, so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Die aktuelle Forderung der Gewerkschaften nach 7,50 Euro Mindestlohn zeige deutlich, dass die Pläne der Mindestlohnverfechter letztlich zu weniger Arbeitsplätzen für Geringqualifizierte führen. „Deutschland braucht mehr Jobs. In Sonntagsreden der Politiker herrscht hierüber weitgehend Einigkeit“, sagt Michael Müller, Geschäftsführer der in Neuss und Potsdam ansässigen a & o-Gruppe www.ao-services.de und Wirtschaftssenator im Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) www.bvmwonline.de. „Durch die Verwässerung der Dienstleistungsrichtlinie und geplante weitere staatliche Reglementierungen des Arbeitsmarktes wird man das Gegenteil erreichen. Gern brüsten wir uns als Exportweltmeister. Doch für die Dienstleistungsbranche gilt dies nicht, obwohl gerade im Service-Bereich in den vergangenen Jahren neue Jobs entstanden sind.“ Anders als bei Waren verzeichnet Deutschland beim Außenhandel mit Dienstleistungen ein Defizit, so die Nachrichtenagentur Reuters de.today.reuters.com. Die deutsche Wirtschaft exportierte 2005 Dienstleistungen im Wert von 122,5 Milliarden Euro, die Importe beliefen sich auf 153 Milliarden Euro. Während Deutschland bei Waren mit einem Weltmarktanteil von zehn Prozent Exportweltmeister ist, liegen im Service-Bereich die USA (15 Prozent) und Großbritannien (acht Prozent) vor Deutschland (sechs Prozent). „Deutschland fällt der Abschied vom Industriezeitalter schwerer als den angelsächsischen Nationen. Doch die Zukunft liegt bei den Dienstleistungen, da die Menschen immer mobiler werden, der technische Fortschritt weiter vorangeht und es für viele selbstverständlich geworden ist, zumindest eine Fremdsprache zu beherrschen. Die Dienstleistungsrichtlinie in ihrer ursprünglichen Form hätte insbesondere deutschen Anbietern von technisch anspruchvollen Serviceleistungen gute Chancen im Ausland geboten“, lautet Müllers Einschätzung. Für gering qualifizierte Menschen ohne Schulabschluss oder eine berufliche Ausbildung werde es ohnehin immer schwerer. Daran ändere auch eine abgeschwächte Dienstleistungsrichtlinie oder ein Mindestlohn nichts. Es müssten daher größere Anstrengungen unternommen werden, diese Leute besser zu qualifizieren und ständig weiterzubilden. „Der Schlüssel, um die Menschen zukunftsfähig zu machen, ist Bildung und lebenslanges Lernen. Gesetze und Vorschriften bringen die Arbeitslosen hingegen nicht in Lohn und Brot“, meint der BVMW-Wirtschaftssenator.