Pressemitteilung, 08.10.2012 - 14:23 Uhr
Perspektive Mittelstand
Ebay und Umsatzsteuer: Wann Verkäufe steuerpflichtig sind
In der Vergangenheit gab es immer wieder Streit mit der Finanzverwaltung darüber, ob Privatverkäufe über Ebay im Falle eines gewissen Ausmaßes mit einer gewissen Regelmäßigkeit umsatzsteuerpflichtig sind.
(PM) Saarbrücken, 08.10.2012 - Unternehmer im umsatzsteuerrechtlichen Sinne ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gemäß § 2 Abs. 1 UStG ist gewerblich oder beruflich jede "nachhaltige" Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht Gewinn zu erzielen fehlt. Die Grenze, wann eine solche "nachhaltige Tätigkeit" vorliegt, hängt von diversen Faktoren ab und konnte in der Vergangenheit in vielen Einzelfällen nicht immer genau gezogen werden. Zuletzt mit Urteil vom 26. April 2012, 5 R 2/11 hat der BFH (Bundesfinanzhof) festgestellt, dass beim Verkauf einer Vielzahl von Gebrauchsgegenständen über mehre-re Jahre über Ebay eine nachhaltige, unternehmerische und damit umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit auch bei Privatpersonen vorliegen kann.Mit einem am 10. September 2012 veröffentlichten Urteil hat das Finanzgericht Baden-Württemberg jetzt erstmals genaue Kriterien aufgelistet, die bei der Frage der Umsatzsteuerpflicht von Ebay-Verkäufen wesentlich sind (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Juli 2012, 14 K 702/10). Im entschiedenen Fall hatte das beklagte Finanzamt nach Auffassung des Finanzgericht zu Unrecht die Erlöse aus dem Verkauf von insgesamt 142 Pelzmänteln über einen Zeitraum von dreizehn Monaten bei einem Verkaufserlös zwischen 3,50 € bis 3.210,00 € im Einzelfall und durchschnittlich 2,5 Verkäufen wöchentlich durch eine Privatperson der Umsatzsteuer unterworfen. Hintergrund dieser Verkäufe war eine Haushaltsauflösung, so dass es sich bei der verkauften Ware ausschließlich um Privatvermögen handelte. Das Finanzgericht Baden-Württemberg beurteilt Voraussetzungen einer nachhaltigen Tätigkeit insoweit nach dem Gesamtbild der Verhältnisse unter Würdigung und unterschiedlicher Gewichtung folgender Kriterien im Einzelfall: Dauer und Intensität der Verkaufstätigkeit, Kaufpreishöhe, Marktbeteiligung, Anzahl der Verkaufsgeschäfte, planmäßige Tätigkeit, Unterhaltung eines Ladenlokals. Kein entscheidendes Merkmal ist demgegenüber, ob beim Einkauf bereits eine Wiederverkaufsabsicht bestanden hat. Auch Anzahl und Umfang der Verkaufsgeschäfte sind für sich alleine genommen nicht maßgeblich.Im entschiedenen Fall stellte das Finanzgericht Baden-Württemberg entsprechend darauf ab, dass die Tätigkeit nicht von Beginn an auf unbestimmte Zeit angelegt war, sondern lediglich der Haushaltsauflösung diente.Da es sich hierbei ausschließlich um Privatvermögen bzw. im weitesten Sinne um die Auflösung einer Sammlung handelte, beteiligte sich der Verkäufer durch den Ebay-Handel nicht wie ein gewerblicher Händler am Markt, sondern ist ausschließlich als Privatperson aufgetreten.In diesem Zusammenhang hat das Finanzgericht Baden-Württemberg zudem darauf hingewiesen, dass die Beweislast für eine umsatzsteuerpflichtige Betätigung einer Privatperson das Finanzamt trägt und das beklagte Finanzamt im entschiedenen Fall den Beweis für die Zurechnung umsatzsteuerpflichtiger Umsätze nicht führen konnte.FazitDie Entscheidung ist nicht nur gerecht, sondern schafft auch ein Stück weit Rechtssicherheit. Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat klargestellt, dass eine umsatzsteuerpflichtige unternehmerische Tätigkeit nicht schon durch die gelegentliche Veräußerung von Privatvermögen in mehreren gleichartigen Handlungen unter Ausnutzung derselben Gelegenheit und des selben dauernden Verhältnisses begründet wird. Dieser Grundsatz ist auf Sachverhalte, die nicht im Zusammenhang mit der Internetplattform "Ebay" stehen, übertragbar.


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