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Fachartikel, 04.09.2014
Die Vergütungsproblematik
Wie Gehalt entsteht
Warum verdient mein Bekannter mit demselben Abschluss und Job ein Drittel mehr? Könnte ich in einem Industrieunternehmen mehr als bei einem Handelsunternehmen verdienen? Solche Fragen stellen sich Angestellte oft. Selbst Personalverantwortliche wissen häufig nicht genau, wie ein Gehalt entsteht.
Für viele hochqualifizierte Arbeitskräfte derselben Berufsgruppe – egal, ob Bilanzhalter oder Controller, Ingenieure oder Naturwissenschaftler – gilt: Sie leisten weitgehend dieselbe Arbeit wie Berufskollegen. Trotzdem unterscheiden sich ihre Gehälter stark. Dafür gibt es viele Gründe. Diese lassen sich in drei Kategorien einteilen. Erstens rationale Gründe wie der Arbeitsort, das Alter und die Berufserfahrung. Zweitens diskutable Gründe wie die Branche. Denn ein Buchhalter in einem Industriebetrieb hat weitgehend dieselben Aufgaben wie sein Kollege in einem Straßenbauunternehmen. Und drittens inakzeptable Gründe, wie das Geschlecht oder die ethnische Herkunft.

Daneben gibt es zahlreiche in Gehaltsstudien meist nicht erfasste Gründe, die dazu führen, dass Personen gleichen Geschlechts und Alters, gleicher Ausbildung und Erfahrung ein unterschiedliches Gehalt beziehen, obwohl sie in derselben Branche arbeiten und weitgehend dieselben Tätigkeiten verrichten. Einige Beispiele aus dem Betriebsalltag seien genannt.

Angebot und Nachfrage

Beim Gehaltspoker sitzen mal die Arbeitnehmer und mal die Arbeitgeber am längeren Hebel. Und wer verteilt die Karten? Die Konjunktur sowie das Angebot und die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt. So luden zum Beispiel noch vor wenigen Jahren Unternehmen junge, gut ausbildete Betriebswirte, die etwas Auslandserfahrung hatten, zu Assessmentcentern auf Segelschiffen ein. Und heute finden Hochschulabsolventen mit derselben Qualifikation häufig gar keine feste Stelle. Sie müssen sich zunächst mit einem Praktikumsplatz begnügen. Anders ist die Situation in vielen Ingenieur-Disziplinen. Während noch vor wenigen Jahren die Absolventen vieler Ingenieur-Studiengänge nur schwer eine Stelle fanden, wird ihnen heute, noch oft bevor sie den Abschluss in der Tasche haben, eine feste Stelle mit einem Top-Gehalt angeboten.

Solchen „Schweinezyklen“ unterliegen fast alle Berufe. Dabei sind Angebot und Nachfrage jedoch nicht immer an die Konjunktur gekoppelt. Auch in wirtschaftlich eher schlechten Zeiten kann das Angebot an gewissen Spezialisten knapp sein. So bedeutet zum Beispiel ein Überangebot an Ingenieuren keineswegs, dass ein Unternehmen leicht einen Elektroingenieur findet, der sich mit Platinen oder Flüssigkeitskristallen auskennt. Und wenn ein Überangebot an kaufmännischen Leitern besteht? Dann müssen Unternehmen trotzdem oft monatelang suchen, bis sie endlich einen Kaufmann mit wirklich verhandlungssicherem Englisch und Erfahrung mit der Einführung eines ERP-Systems wie SAP finden. Entsprechend hohe Gehaltsforderungen kann der rare und somit begehrte Spezialist stellen.

Das Einstellungsrisiko


Jede Stellenbesetzung ist für Unternehmen mit einem Risiko verbunden, und dessen Höhe bestimmt das Gehalt mit. Dabei hängt das empfundene Risiko außer vom Kandidaten auch von der Situation des Unternehmens und der zu besetzenden Stelle ab.

Angenommen einem Personalleiter sitzt ein Kandidat gegenüber, der sofort frei wäre – was seinem Unternehmen aufgrund eines Personalengpasses entgegen käme. Doch leider sind der Lebenslauf und das Auftreten des Bewerbers nicht „ganz schlüssig“, weshalb der Personalleiter Zweifel an dessen Qualität hat. Kurz: Der Bewerber ist nicht der Traumkandidat. In einer solchen Situation sagen sich viele Unternehmen: „Lass‘ es uns, wenn der Bewerber nicht zu teuer ist, trotzdem mal probieren – schließlich haben wir im Moment keine bessere Alternative.“ Das Risiko, das das Unternehmen bei der Einstellung empfindet, drückt jedoch das angebotene Gehalt nach unten – was wiederum die Gefahr birgt, dass der Kandidat absagt.

Die Risikobeurteilung variiert in Unternehmen oft von Person zu Person und von Bereich zu Bereich. Angenommen eine Versicherungsgesellschaft sucht händeringend einen Versicherungsmathematiker. Und ein Bewerber mit dem passenden Profil stellt, weil er weiß, er wird gebraucht, eine exorbitante Gehaltsforderung. Dann konsultiert der Personalleiter vermutlich stirnrunzelnd sein Gehaltssystem und neigt dazu, die Forderung zurückweisen. Ganz anders der künftige Linienvorgesetzte des Mathematikers. Denn er denkt daran, dass er in den letzten Monaten jedes Wochenende gearbeitet hat, und dies mit Sicherheit auch in den kommenden Monaten tun muss, wenn die Stelle vakant bleibt. Also wird er die Forderung als annehmbar erachten. Und wer hat Recht? Der Personalleiter oder die Führungskraft? Keiner und beide! Ziel muss es sein, das Problem „Gehaltsfindung“ so objektiv wie möglich zu sehen – und zwar unter Berücksichtigung der Faktoren Bedarf sowie Angebot und Nachfrage.

Talent und Entwicklungspotenzial

Wenn Unternehmen einen jungen Mitarbeiter einstellen, dann meist nicht für wenige Monate. Vielmehr haben die Verantwortlichen im Kopf: Der Mann oder die Frau wird viele Jahre, eventuell sogar Jahrzehnte für uns arbeiten. Also fragen sie sich auch: Welches Entwicklungspotenzial hat der Kandidat? Können wir ihn in fünf oder zehn Jahren noch gebrauchen? Und wofür können wir ihn dann – bei einer entsprechenden Weiterqualifikation – eventuell einsetzen? Und je größer das Potenzial erscheint, umso attraktiver ist der Mann oder die Frau. Also ist das Unternehmen auch bereit, mehr zu bezahlen.

Gerade an diesem Punkt ist die Einschätzung der Unternehmen oft sehr subjektiv. Sie hängt auch stark von Auftreten und Verhalten des Kandidaten ab. Also davon, wie dieser sich in den Auswahlgesprächen präsentiert und verkauft. Dabei spielen zumindest unbewusst auch solche Faktoren eine Rolle wie die Körpergroße und die Figur – wie Studien belegen; Faktoren also, die Bewerber nur bedingt beeinflussen können. Beeinflusst wird der Gesamteindruck aber auch von der Kleidung. Also sollten Bewerber darauf achten, dass sie sich der angestrebten Position angemessen kleiden. Auch ein Friseurtermin vorab schadet nie.

Doch noch viel wichtiger ist: Wie interessiert und vorinformiert wirkt oder ist der Bewerber? Und wie wach und kompetent wirkt er im Frage-und Antwort-Spiel? Und wie bewusst sind ihm seine Stärken, so dass er diese, wenn es um die Gehaltsverhandlung geht, präsentieren kann? Hierauf haben Bewerber einen Einfluss. Also sie sind auch mitverantwortlich dafür, welchen Gehaltsvorschlag ihnen das Unternehmen unterbreitet und wie viel Luft beim Verhandeln nach oben besteht.
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Alexander Walz ist Geschäftsführer der Personal- und Managementberatung Conciliat GmbH, Stuttgart. Die Conciliat ist seit 1999 auf dem deutschen Markt tätig. Seine Wurzeln hat das Unternehmen in der Schweiz. Es wurde als ...
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