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Causa zu Guttenberg: Wann kann der Doktortitel entzogen werden?

Die causa des Bundesverteidigungsministers Dr. Karl-Theodor Frhr. zu Guttenberg (CSU) zeigt anschaulich, wie das Web 2.0 die Herangehensweise an eine Dissertation aber auch deren Rezeption verändert hat.
(PM) Potsdam, 03.03.2011 - Ein Doktor ist kein Titel und wird auch nicht zum Teil eines Namens, sondern ein akademischer Grad (das Doktorat), der durch die Promotion an einer Hochschule mit Promotionsrecht erlangt wird. Durch die Promotion wird dem Kandidaten die Fähigkeit zum selbstständigen wissenschaftlichen Arbeiten bescheinigt. Die Verleihung eines Doktors ist ein Verwaltungsakt; also die wichtigste Handlungsform der öffentlichen Verwaltung.

Wann kann ein Doktortitel aberkannt werden?

Erlässt eine Behörde einen Verwaltungsakt (etwa die Verleihung eines Doktors), ist sie grundsätzlich daran gebunden. Denn schließlich vertraut der Bürger auf den Bestand dieser Entscheidung. Auch die Entziehung des Doktors ist dann als actus contrarius zu seiner Verleihung ein Verwaltungsakt. Dazu müssen einige Voraussetzungen vorliegen.

Im Falle der Dissertation bedeutet dies: Ein Doktortitel kann nur aberkannt werden, wenn das jeweilige Bundesland eine Ermächtigungsgrundlage zur Entziehung des Doktortitels geschaffen hat.

Zitierpflicht im Urheber- und im Promotionsrecht

Während die Journaille schnell den Plagiatsvorwurf erhebt, ist es für den spezialisiert arbeitenden Juristen keineswegs so einfach, wie es derzeit in der Presse dargestellt wird. Nach obergerichtlicher Rechtsprechung dürfen im Bereich des Urheberrechtes durchaus kleinere Textpassagen eines wissenschaftlichen Werkes übernommen werden. Sie sind unter Umständen für sich genommen nämlich gar nicht urheberrechtsfähig, wenn das erforderliche Schutzniveau nicht erreicht wird. Sodann gibt es einen deutlichen Unterschied in der urheberrechtlichen und der promotionsrechtlichen Zitierpflicht.

Was sind die Voraussetzungen für eine Entziehung?

Viele Bundesländer haben sich am Bundesgesetzgeber orientiert und in ihre Landesgesetze zum Verwaltungsverfahren eine dem § 48 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) ähnelnde oder gleichlautende Vorschrift aufgenommen. Grundsätzlich setzt eine Rücknahme voraus, dass der Verwaltungsakt bestandskräftig ist, rechtswidrig ist und dass die Rücknahme – insbesondere unter Vertrauensschutzgesichtspunkten – ermessensfehlerfrei ist. Das Merkmal der Bestandskräftigkeit ist gegeben, sobald die Verleihung nicht mehr anfechtbar ist, was i.d.R. schnell eintritt.

Ob die Verleihung eines Doktortitels rechtswidrig ist, hängt u. a. von der jeweiligen Promotionsordnung der Fakultät ab. Eine zentrale Regelung ist, dass die Dissertation – also die schriftliche Doktorarbeit – eigenständig zu formulieren ist (etwa geregelt in § 8 Nr. 6 der Promotionsordnung der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Bayreuth) und dass Zitierungen und Fußnoten entsprechend den wissenschaftlichen Standards auftauchen (etwa § 7 Abs. 3 der o. g. Promotionsordnung).

Es dürfte aber zweifelhaft sein, ob wenige Textübernahmen für einen derart weitgehenden Eingriff ausreichen. Selbst wenn 20 Sätze in einer knapp 500seitigen Doktorarbeit nicht als wörtliches Zitat gekennzeichnet wurden, trifft der Vorwurf eines 1:1 Plagiates offenkundig nicht zu. Unabhängig davon, dass es zur wissenschaftlichen Arbeitsweise gehört, Fremdzitate zu kennzeichnen, wird oftmals übersehen, dass bei der Übernahme weniger Sätze immer noch 80, 90, 95 oder 98% vom Verfasser selbst geschrieben wurden und der Plagiatsvorwurf insofern nur einen geringen Teil der Arbeit ausmacht.

Was kann man tun?

In aller Regel wird die Fakultät den Betroffenen auffordern, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Hier kann anwaltliche Hilfe angezeigt sein. Eine genaue Kenntnis des Verwaltungsverfahrens und auch der Rechtsprechung zur Entziehung des Doktortitels sind erforderlich. Hierbei kann es eine bedeutende Rolle spielen, ob tatsächlich ein Plagiat vorliegt oder nur ein Fehler in der Zitierweise. Dafür sind Kenntnisse aus dem Verwaltungs- und dem Urheberrecht erforderlich.

Die Gefahren des Web 2.0

Grundsätzlich spricht nichts dagegen für eine Dissertation im Internet zu recherchieren. Manchmal wird dies sogar unerlässlich sein (etwa bei Themen mit Auslandsbezug). Gleichwohl sollten auch diese Quellen zitiert werden; bei Zweifel ist jedem jungen Akademiker zu empfehlen, Rücksprache mit dem Doktorvater zu halten. Dessen Hinweise machen die Arbeit etwas anfechtungssicherer.

Fazit

Dr. Stephan Gärtner, der in der Sozietät ilex Rechtsanwälte und Steuerberater im Referat Urheber- und Medienrecht arbeitet, meint: „Unterschätzen Sie nicht die Entziehung eines Doktorgrades. In vielen Branchen – nicht zuletzt bei den Juristen – ist er maßgeblich für die berufliche Zukunft oder zumindest das Monatsgehalt. Außerdem wiegt der persönliche Reputationsverlust bei einer Aberkennung schwer“.

Mehr zur Thematik des Promotions-, Urheber- und Namensrechtes findet sich unter www.ilex-recht.de
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