Fachartikel, 22.10.2013
Perspektive Mittelstand
Beziehungsmanagement
Wie aus Kontakten Kontrakte werden
Allein Kontakte knüpfen bringt noch keinen Umsatz. Die wahre Kunst liegt darin, lose, unverbindliche Geschäftskontakte in umsatzwirksame, nachhaltige Geschäftsbeziehungen zu wandeln.
Vielen Verkäufern und Key-Accountern, aber auch Selbstständigen und Unternehmern fällt es schwer, persönliche Beziehungen zu ihren Zielkunden aufzubauen, von einer nachhaltigen Beziehungspflege ganz zu schweigen. Die Folge: Selbst warme Business-Kontakte erkalten – mit entsprechenden Auswirkungen auf ihr Geschäft. Nachfolgend einige Tipps, wie der Beziehungsaufbau zu Personen, aber auch Organisationen gelingt.

1. Achtsam sein

Für fast alle Menschen gilt: Sie ticken nicht so rational, wie sie sich gebährden. Sie haben auch Wünsche und Bedürfnisse, Ängste und Befürchtungen, die sie zumindest verbal nicht artikulieren. Trotzdem beeinflussen sie ihre Entscheidung „Mit dieser Person oder Organisation gehe ich eine (Geschäfts-)Beziehung ein“.

Denn: Gute Produkte und Dienstleister gibt es viele. Deshalb spielen bei der Entscheidung „Mit diesem Partner kooperiere ich“ stets auch emotionale Faktoren eine Rolle. Entsprechend achtsam sollten Verkäufer, (Kunden-)Berater und Key-Accounter im Kontakt mit (potenziellen) Kunden sein. Sie sollten all ihre Antennen ausfahren, um zu registrieren: Was signalisiert mir mein Gegenüber zum Beispiel durch seine Körpersprache, Mimik und Gestik? Was verrät mir seine Wortwahl über seine Motive? Und was sagt er mir aufgrund seiner Betonung und Sprechweise durch die Blume? Denn dann können sie mit ihrer (Körper-)Sprache hierauf reagieren und zum Beispiel nachfragen: „Ist meine Vermutung richtig, dass Sie …?“ So gelangen sie an Infos, die der Kunde nicht jedem Verkäufer gibt. Und ihr Gesprächspartner hat das Gefühl: Ich spreche mit einer Person, die mir zuhört und mich versteht.

2. Persönliches Interesse zeigen


Jeder Mensch will auch als Individuum wahr- und ernstgenommen werden – und nicht nur als (möglicher) Umsatzbringer. Also sollten Sie als Verkäufer oder Kundenberater Ihrem Partner auch signalisieren: Ich nehme Sie als Person wahr. Achten Sie im Kontakt darauf: Was könnten Aufhänger für ein persönliches Gespräch sein?

Doch Vorsicht! Zwei Punkte gilt es hierbei zu beachten. Erstens: Heucheln Sie kein Interesse an der Person, wenn Sie es nicht verspüren. Denn dies spürt Ihr Gegenüber sofort. Sorgen Sie vielmehr dafür, dass Sie entspannt und relaxt – und nicht unter Zeit- und Umsatzdruck stehend – in das Gespräch gehen. Denn nur dann sind Sie offen für Ihr Gegenüber und strahlen dies auch aus.   

Und zweitens: Machen Sie sich nach dem Gespräch Notizen. Zum Beispiel: „… hat eine achtjährige Tochter namens Laura“, „… hat sich einen neuen BMW gekauft“, „… bereitet sich auf einen Marathon vor“. Denn dann können Sie Ihren Partner beim nächsten Gespräch positiv überraschen – zum Beispiel, indem Sie ihn fragen: „Und wie fährt Ihr neuer BMW?“ Oder: „Und wie war Ihr Marathon?“ Und schon sind sie wieder in einem persönlichen Gespräch.

3. Persönlichkeit zeigen

Für viele Verkäufer, Kundenberater und -betreuer gilt: Sie gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Weniger weil ihnen ihr Arbeitgeber ein Dress-Code vorgibt, sondern weil sie meist ähnliche, wenn nicht gar dieselben Schulungen durchlaufen haben. Also stellen sie dieselben Fragen. Auch ihr Gesprächsaufbau ist weitgehend identisch. Entsprechend langweilig und als Person uninteressant wirken sie oft auf ihr Gegenüber.

Versuchen Sie sich von solchen 08/15-Verkäufern abzuheben – weniger durch Äußerlichkeiten, als dadurch, wie Sie sich verhalten. Zum Beispiel, indem Sie für den Kunden überraschende Fragen stellen. Oder indem Sie ihm, nachdem er eine Frage stellte, erst mal drei, vier Sekunden in die Augen schauen und schweigen. Oder indem Sie überraschend die Gesprächsebene wechseln und ins Gespräch eine persönliche Bemerkung oder ein Kompliment einfließen lassen.

4. Für eine angenehme Atmosphäre sorgen


 Verkäufer setzen sich für ihre Kundengespräche meist Ziele – doch leider nur rationale wie: „Ich will danach wissen, welches Umsatzpotenzial der Kunde hat“. Oder: „Ich möchte einen Erstauftrag erhalten.“ Entsprechend sachlich nüchtern verlaufen die Gespräche.

Anders agieren echte Spitzen-Verkäufer und Top-Kontakter: Sie setzen sich für ihre Gespräche auch emotionale Ziele. Zum Beispiel: „Ich will mit dem Kunden mindestens einmal laut lachen“ – weil Lachen verbindet und Vertrauen schafft. Oder: „Ich möchte in dem Gespräch etwas neues Persönliches über Herrn Mayer (oder Frau Müller) erfahren“ – um einen Aufhänger für künftige Gespräche zu haben. Oder: „Ich will den Kunden mindestens einmal positiv überraschen“ – zum Beispiel, indem ich ihm klar sage, dass wir für die Leistung x nicht der beste Anbieter sind und ihm einen Mitbewerber empfehle. 

5. Großzügig sein

Mit „Erbsenzählern“ und „Pfennigfuchsern“ arbeitet fast niemand gern zusammen – schon gar nicht längerfristig auf der Basis von Kontrakten. Versuchen Sie sich deshalb im Kundenkontakt als großzügiger und unkomplizierter Partner zu profilieren, mit dem man gerne kooperiert. Zum Beispiel, indem Sie im Gespräch nicht die Probleme betonen, die gewisse Lösungen mit sich bringen – denn Probleme hat der Kunde genug; des Weiteren indem Sie nicht auf dem Mehraufwand „herumreiten“, den das Erfüllen gewisser Kundenwünsche erfordert. Denn dann fangen beim Kunden die Alarmglocken an zu schrillen: Als wie umständlich und kompliziert wird sich dieser Anbieter erst in der alltäglichen Zusammenarbeit erweisen?

Erbringen Sie vielmehr gerne und bereitwillig Vorleistungen für den potenziellen Kunden und bieten Sie ihm diese auch aktiv an. Das lohnt sich für Sie auf jeden Fall – selbst wenn aus dem Kontakt keine lukrative Geschäftsbeziehung erwächst. Dann empfiehlt Sie Ihr Gegenüber jedoch als attraktiven Partner weiter.

6. Verbindlich und zuverlässig sein

Die meisten Entscheidungsträger in Unternehmen haben Kontakt mit vielen Personen. Entsprechend schnell geraten Einzelpersonen in Vergessenheit. Deshalb sollten Sie sich etwa 72 Stunden, nachdem Sie eine Person – zum Beispiel auf einem Kongress oder Empfang – kennengelernt haben, bei dieser in Erinnerung bringen. Beispielsweise mit einer Mail oder einem Telefonat. Früher wirkt schnell zu engagiert.

Anders ist es, wenn Sie einer Person versprachen „Ich maile Ihnen morgen die Broschüre“ oder „Ich rufe Sie dazu morgen an“. Dann müssen Sie das Versprechen selbstverständlich einhalten. Denn niemand möchte mit einem Dienstleister kooperieren, der unzuverlässig ist.

Doch Vorsicht! Beschränken Sie sich zum Beispiel beim Zusenden einer Broschüre nicht auf das Erfüllen Ihrer Pflicht. Formulieren Sie vielmehr im Begleitschreiben noch ein, zwei persönliche Sätze wie „Über Ihre Aussage ‚…‘  dachte ich noch lange nach, weil …“ Oder: „Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrem Marathon. Informieren Sie mich danach bitte über Ihre Zeit. Das würde mich sehr freuen.“ Denn Ihr Ziel lautet, eine persönliche Beziehung zu Ihrem Gegenüber aufzubauen und sein Vertrauen zu gewinnen. 

7. Geduldig und gelassen sein


In Organisationen dauert es oft lange, bis Investitionsentscheidungen getroffen werden – zum Beispiel, weil an der Entscheidung mehrere Personen beteiligt sind. Oder weil erst die Budgets freigegeben werden müssen. Oder weil die Organisation vertraglich noch an einen anderen Lieferanten gebunden ist.

Das wissen erfahrene Verkäufer. Entsprechend gelassen reagieren sie, wenn ein (potenzieller) Kunde ihnen nicht gleich bei den ersten Treffen einen Auftrag erteilt. Sie wissen aber auch: „Ich muss am Ball bleiben, damit der Kontakt nicht erkaltet.“ Also bringen sie sich bei ihren Zielkunden regelmäßig in Erinnerung – jedoch nicht, indem sie alle zwei, drei Tage anrufen und fragen: „Wie sieht es mit der Entscheidung aus?“ Denn ein solches Verhalten erzeugt Druck beim Gegenüber und lässt ihn emotional auf Distanz gehen. Nein, sie bringen sich bei den Zielpersonen positiv in Erinnerung. Zum Beispiel, indem sie ihnen etwas senden, was ihnen einen echten Mehrwert bietet. Das kann ein Artikel über eine Studie über die Entwicklung der Branche des Zielkunden sein. Oder die Ankündigung einer neuen Oper – sofern die Kontaktperson sich hierfür interessiert. Oder eine Checkliste, um ….

Indem Sie als Verkäufer oder Key-Accounter Ihrem Gegenüber so das Gefühl vermitteln „Da ist jemand, der an mich denkt und mich als Person schätzt“ erwerben Sie schrittweise sein Vertrauen. Also entscheidet sich Ihre Kontaktperson, wenn die Entscheidung reif ist, für Sie als Partner.
QUERVERWEIS
Buchtipp
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ZUM AUTOR
Über Barbara Liebermeister
Institut für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ)
Barbara Liebermeister leitet das Institut für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ), Frankfurt. Barbara Liebermeister ist Expertin für Business Relationship Management. Sie ist Autorin des im FAZ-Verlag erschienenen Buchs „Effizientes Networking: Wie Sie aus einem Kontakt eine werthaltige Geschäftsbeziehung entwickeln“
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