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Fachartikel, 15.12.2009
Bachelor und Master
Von wegen Ingenieure zweiter Klasse
Bachelor- und Master-Ingenieure werden von der Wirtschaft akzeptiert und haben ähnlich gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt wie Ingenieure mit Diplom. Wie eine aktuelle Umfrage belegt, setzten vor allem große Unternehmen sowie forschende und innovative Firmen auf die neuen Studienabschlüsse.

Bachelor und Master – im Jahr 2010 sollen diese Abschlüsse an allen Hochschulen Deutschlands Standard sein. Bisher sind bereits 79 Prozent aller Studienangebote auf die international vergleichbaren Titel umgestellt, in den Ingenieurwissenschaften sogar 93 Prozent. Die entsprechenden Absolventenzahlen sind dagegen noch überschaubar:

Zwischen 2000 und 2008 vergaben die Hochschulen 340.000 Ingenieurabschlüsse, darunter gerade einmal 3,5 Prozent Bachelor und 5,2 Prozent Master.

Während manche Professoren und Studenten den neuen Abschlüssen noch misstrauisch gegenüberstehen, scheinen Bachelor und Master in der Praxis bereits angekommen zu sein. So zeigt eine repräsentative Untersuchung der Universität Kassel, dass Bachelor-Absolventen auf dem Arbeitsmarkt ebenso gut gestellt sind wie ihre diplomierten Kommilitonen.

Zum gleichen Ergebnis kommen das IW Köln und der VDI für die Ingenieure: Um Einstellungsmuster, betriebliche Einsatzfelder sowie Karriere- und Gehaltsperspektiven in Unternehmen zu beleuchten, haben IW und VDI insgesamt 1.753 Betriebe aus dem Verarbeitenden Gewerbe, den unternehmensnahen Dienstleistungen und der Bauwirtschaft befragt, die Ingenieure beschäftigen. Darunter waren 362 Firmen, in denen Bachelor- und Master-Ingenieure tätig sind. Die Ergebnisse im Einzelnen:

Beschäftigung

Gut jedes siebte Unternehmen, das Ingenieure beschäftigt, hat bereits Bachelor- oder Master-Absolventen eingestellt. Der Bachelor ist dabei etwas häufiger vertreten als der Master. Vor allem Großunternehmen zeigen Interesse an den neuen Abschlüssen:

Ingenieure mit Bachelor- beziehungsweise Master-Grad sind in jeder dritten Firma mit 250 und mehr Mitarbeitern zu finden.


Die Befragung widerlegt darüber hinaus das Vorurteil, Bachelor-Ingenieure seien für wissens- und forschungsintensive Unternehmen generell unattraktiv:

Der Anteil der Bachelor-Ingenieure in Unternehmen, die selbst forschen und entwickeln, ist mit rund 14 Prozent nahezu doppelt so hoch wie in nicht forschenden Unternehmen.

Gleiches gilt für Betriebe mit erfolgreichen eigenen Neukreationen. Von ihnen haben sich 15 Prozent für Kandidaten mit den neuen Bachelor-Abschlüssen entschieden, in Firmen ohne Produktinnovationen sind es lediglich 7 Prozent. Bachelor-Ingenieure sind sogar in mehr forschenden und innovativen Unternehmen vertreten als Master.

Einsatzfelder

Montage, Produktion, Vertrieb – auf diesen Gebieten würden Personalchefs die Bachelors den Mastern vorziehen. Master-Absolventen dagegen passen nach Meinung der befragten Unternehmen im direkten Vergleich besser ins Forschungslabor sowie in den Bereich Entwicklung und Konstruktion. Generell bescheinigen die Betriebe aber beiden Abschlüssen eine hohe Praxistauglichkeit.

Einige Unternehmen wollen für ihre Forschung allerdings weder Bachelor- noch Master-Ingenieure einstellen – hier ist offenbar erst die Promotion der Türöffner. Auch in der Montage und in den fertigungsnahen Diensten müssen Bachelors und Master nach Aussage einiger Personaler anderen den Vortritt lassen – Absolventen einer beruflichen Ausbildung dürften hier bessere Karten haben, die Stellen zu bekommen.

Karrierechancen

Was den Aufstieg innerhalb der Firma betrifft, gibt es in den Unternehmen offensichtlich unterschiedliche Konzepte: Knapp die Hälfte der Befragten ist der Auffassung, dass Bachelor- und Master-Absolventen grundsätzlich die gleichen Chancen haben, Führungspositionen zu erreichen; die andere Hälfte der Unternehmen teilt diese Meinung nicht.

Uneinig sind sich die Befragten auch, wenn es darum geht, ob Bachelor-Absolventen noch ihren Master machen müssen, um ihrer Karriere auf die Sprünge zu helfen. Ein längeres Studium bringt mehr Wissen, argumentieren die Befürworter der Master. Umgekehrt jedoch attestiert knapp die Hälfte der Unternehmen den Bachelor-Absolventen Karrierevorteile, weil sie deutlich früher in den Job einsteigen.

Letztlich ist es jedoch für die meisten Betriebe entscheidend, dass sich der Neuling – egal ob Bachelor oder Master – im Unternehmen bewährt; nur dann sind die Aufstiegschancen günstig.

Gehalt


Wie hoch die Wertschätzung der Unternehmen für ihre Mitarbeiter ist, lässt sich unter anderem daran ablesen, wie viel auf dem monatlichen Gehaltszettel steht. Daher hat die IW-Untersuchung die Gehälter von Bachelor- und Master- Absolventen unter die Lupe genommen und sie mit der Entlohnung der Diplom-Absolventen verglichen – einmal zum Berufseinstieg und einmal nach drei bis fünf Jahren im Job, jeweils getrennt nach FH- und Uni-Abschlüssen.

Am Anfang ihrer Karriere verdienen 80 Prozent der Fachhochschul-Bachelors genauso viel wie die FH-Diplom-Kollegen. Nur jedes fünfte Unternehmen bezahlt die Bachelors schlechter.


Auch die Master-Absolventen der Fachhochschulen beziehen in den meisten Fällen das gleiche Gehalt wie die Inhaber der FH-Diplome. Ein Großteil der Unternehmen differenziert folglich beim Einstiegsgehalt der Fachhochschulabgänger nicht zwischen Diplom, Master und Bachelor.

Wer seinen Bachelor dagegen an einer Universität erworben hat, muss zu Beginn mit weniger Geld auskommen als ein Uni-Master oder Diplom-Ingenieur. Nur in knapp der Hälfte der Unternehmen erhält ein Uni-Bachelor das gleiche Einstiegsgehalt wie ein Diplom-Absolvent. In der Regel betrachten Personaler eher Master und Diplom als ebenbürtig und zahlen dementsprechend beiden oft das gleiche Gehalt.

Nach drei bis fünf Jahren Berufserfahrung sieht es schon anders aus: Die Uni-Bachelors haben aufgeholt – in gut 81 Prozent der Unternehmen bekommen sie das gleiche Gehalt wie die Diplom-Ingenieure. Und in rund 10 Prozent der Unternehmen verdienen FH-Bachelors sogar besser als die FH-Diplomierten.

Diese Ergebnisse der IW-Umfrage werden von einer VDI-Auswertung noch gestützt. Dafür wurden die Gehälter von rund 5.600 Berufsanfängern mit Ingenieurabschluss sowie rund 25.000 berufserfahrenen Ingenieuren betrachtet:

Im Jahr 2008 lagen die Einstiegsgehälter von Diplom-Ingenieuren lediglich 8 Prozent über denen der Bachelor-Ingenieure. Bei berufserfahrenen Fachkräften schrumpfte die Lücke auf 6 Prozent.


So unterschiedlich die Karrierekonzepte auch sind, die Unternehmen honorieren in erster Linie die berufliche Leistung – und nicht das bloße Hochschulzertifikat.

Die anhaltende Kritik an den neuen Abschlüssen sollte die Bachelors nicht irritieren: Vor einigen Jahren mussten sich die Absolventen der neu eingerichteten Berufsakademien mit ähnlichen Problemen auseinandersetzen – heute behaupten sie sich erfolgreich am Arbeitsmarkt. Die Betriebswirte baden-württembergischer Berufsakademien beispielsweise haben fünf Jahre nach Studienende ebenso häufig Führungspositionen erreicht wie ihre Mitstreiter von den Universitäten und Fachhochschulen.

*) Vgl. Christiane Konegen-Grenier, Oliver Koppel: Akzeptanz und Karrierechancen von Ingenieuren mit Bachelor- oder Masterabschluss, in: IW-Trends 4/2009

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