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Pressemitteilung

BGH zur Gestaltung von Widerrufsinformationen bei Darlehensverträgen ab 2010

(PM) Göttingen, 25.02.2016 - Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH), der u.a. für das Bankrecht zuständig ist, hat am 23.02.2016 in zwei Verfahren über Klagen eines Verbraucherschutzverbandes entschieden, in denen es um die Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung in bestimmten Verbraucherkreditverträgen ging.

Grundsätzlich besteht bei Verbraucherdarlehen die Möglichkeit, die eigene Vertragserklärung innerhalb von 2 Wochen bzw. 14 Tagen ab Unterschrift bzw. Abschluss des Vertrages zu widerrufen. Voraussetzung ist dabei aber die ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht durch eine entsprechende Widerrufsbelehrung.

Hat keine ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht stattgefunden, insbesondere durch Vorlage einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung, so kann der Widerruf auch Jahre nach dem Vertragsschluss erklärt werden, sodass grundsätzlich ein „ewiges Widerrufsrecht“ gegeben ist. Nach einem wirksamen Widerruf können betroffene Verbraucher durch die Rückabwicklung ihrer Verträge nicht nur tausende Euro an Gebühren sparen, sondern auch im Wege der Umschuldung neue Darlehensverträge zu deutlich besseren Zinskonditionen abschließen.

Von dieser Möglichkeit haben gerade in letzter Zeit tausende Darlehensnehmer Gebrauch gemacht, da viele Widerrufsbelehrungen der Kreditinstitute als fehlerhaft angesehen werden. Allein die Bernd Rechtsanwalts GmbH hat in den letzten 2 Jahren ca. 15.000 Darlehensverträge überprüft und eine Vielzahl außergerichtlicher und gerichtlicher Entscheidungen erzielen können.

Durch den Beschluss des Bundestags in der letzten Woche (18.02.2016), dem „ewigen Widerrufsrecht“ per Gesetz ein Ende zu bereiten, haben Verbraucher jedoch voraussichtlich nur noch bis zum 21.06.2016 Zeit, um ihre zwischen 2002 und 2010 geschlossenen Verträge auf Fehler in der Widerrufsbelehrung überprüfen zu lassen und ggf. den Widerruf zu erklären.

Seit 11.06.2010 Pflicht zur Hervorhebung von Pflichtangaben zum Widerrufsrecht

Der BGH hatte nun die Möglichkeit, sich der Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg anzuschließen und den Widerruf für Kreditverträge, die nach dem 10.06.2010 geschlossen wurden, auch über den 21.06.2016 hinweg zu ermöglichen.

In den zwei Verfahren (XI ZR 549/14 und XI ZR 101/15), die dem XI. Zivilsenat zur Entscheidung vorlagen, hatten die Beklagten – Sparkasse und Volksbank – mit Verbrauchern Immobiliendarlehensverträge nach Musterformularen abgeschlossen. Der Kläger vertrat die Auffassung, die darin verwendeten Widerrufsinformationen seien nicht deutlich genug hervorgehoben. Darüber hinaus beanstandete der Kläger in dem Verfahren XI ZR 101/15, dass die Widerrufsinformation Belehrungshinweise mit Ankreuzoptionen enthalte – unabhängig davon, ob diese für den konkreten Einzelfall relevant seien. Nach Auffassung der Verbraucherzentrale lenke die Beklagte durch diese Gestaltung vom Inhalt der Widerrufsinformation ab. Es bestehe die Gefahr, dass das Widerrufsrecht im Kleingedruckten untergehe und Verbraucher nicht über ihr Recht aufgeklärt würden. Der Verbraucherschutzverband nahm daher die Beklagten auf Unterlassung im Zusammenhang mit den erteilten Widerrufsinformationen in Anspruch.

Nach der Entscheidung des XI. Zivilsenats gibt es jedoch jedenfalls seit dem 11.06.2010 keine Pflicht, die in einen Verbraucherdarlehensvertrag aufzunehmenden Pflichtangaben zum Widerrufsrecht hervorzuheben. Zu diesem Zeitpunkt wurde Art. 247 § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB eingeführt, nach dem jedoch die Pflichtangaben lediglich klar und verständlich sein müssten. Auch aus Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB ergebe sich eine Pflicht zur Hervorhebung trotz des Wortlauts der Norm („[…]in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form[…]“) nicht. Denn die Vorschrift betreffe lediglich Fälle, in denen es um die Erlangung der Gesetzlichkeitsfiktion durch die freiwillige Verwendung des in der Vorschrift genannten Musters für eine Widerrufsinformation (Anlage 7 zu Art. 247 § Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB) gehe. Dies war jedoch in den vorliegenden Verfahren nicht der Fall.

Auch die Ankreuzoptionen stehen nach der Entscheidung des BGH dem Gebot der klaren und verständlichen Gestaltung einer formularmäßigen Widerrufsinformation in einem Verbraucherdarlehensvertrag nicht entgegen.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 48/2016 des BGH vom 23.02.2016

Trotz der scheinbar verbraucherunfreundlichen Entscheidungen des BGH ergibt sich beim Lesen zwischen den Zeilen ein anderes Bild: Verwenden die Banken das gesetzliche Muster für eine Widerrufsinformation und berufen diese sich darauf, bleibt es bei der Pflicht, diese hervorzuheben und deutlich zu gestalten – anderenfalls genügt die Belehrung nicht dem Gebot der klaren und verständlichen Gestaltung. Somit verbleibt es bei derartigen Fallgestaltungen grundsätzlich bei der Möglichkeit, den Widerruf zu erklären. Zudem sind Verträge, die vor Juni 2010 geschlossen wurden, von den Urteilen nicht betroffen.
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