Pressemitteilung, 17.02.2006 - 10:22 Uhr
Perspektive Mittelstand
BGH-Urteil zum Zillmer-Verfahren - Bonner Rechtsexperte rechnet mit Nachzahlungsansprüchen bei Kapital-Lebensversicherungen und privaten Rentenversicherungen
(PM) , 17.02.2006 - Karlsruhe/Bonn, www.ne-na.de - In seiner Entscheidung vom 12. Oktober 2005 urteilte der Bundesgerichtshof www.bundesgerichtshof.de, dass das Berechnungssystem der Versicherungen, das sogenannte Zillmer–Verfahren rechtswidrig ist. Der Versicherungsnehmer, der seine Kapital- Lebensversicherung oder eine private Rentenversicherung vorzeitig kündigt, hat seitdem rückwirkende Nachzahlungsansprüche, für Verträge die in der Zeit vom 29. Juli 1994 und Herbst 2001 abgeschlossen wurden. „Das Urteil des BGH ist von besonderer Brisanz, denn laut dem Bund der Versicherten sind fast 20 Millionen Verträge von der neuen Rechtsprechung betroffen, denn üblicherweise werden 80 Prozent der Verträge vorzeitig gekündigt“, so die Einschätzung des Bonner Juristen Markus Mingers von der Kanzlei Mingers & Kollegen www.justus-online.de, gegenüber dem Onlinemagazin NeueNachricht. Zuvor war es üblich, dass eine Kapital-Lebensversicherung oder eine private Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht, die bereits nach kurzer Vertragslaufzeit gekündigt wurde, dem Versicherungsnehmer nur sehr geringe Ausschüttungen brachte. Ursache dafür war das Zillmer-Verfahren, denn danach wurde in den ersten Jahren die Versicherungsprämie zunächst einmal voll für die Finanzierung der Verwaltungskosten und für eine einmalig anfallende Gebühr benutzt. Vor allem auf die Vermittlungsprovision entfiel ein Großteil der Kosten. „Künftig dürfen die anfallenden Kosten, nicht mehr komplett in den ersten Jahren abgerechnet werden, sondern müssen auf die gesamte Vertragslaufzeit verteilt werden. Dadurch wird ermöglicht, dass bereits zu Beginn der Vertragslaufzeit ein Anspruch auf eine Mindestzahlung besteht, auch wenn der Vertrag vorzeitig gekündigt wird“, sagt Mingers. In der Praxis könnte künftig folgendes Berechnungssystem angewendet werden; von den bereits eingezahlten Beiträgen würde zunächst die Todesfall- Leistung und die Verwaltungsgebühr, die zusammen rund 15 Prozent der Beitragszahlungen ausmachen, abgezogen werden. Die verbleibenden eingezahlten Beiträge sind bei vorzeitiger Kündigung, mindestens zur Hälfte an den Versicherten auszuzahlen. „Für die Versicherungen hat das Urteil schwerwiegende Folgen. Die Rückkaufswerte für die ersten Jahre der Vertragslaufzeit werden ansteigen. Zudem können Versicherungsnehmer jetzt rückwirkend Ansprüche auf Nachzahlungen geltend machen, wenn diesen zuvor zu wenig ausgezahlt worden ist. Die Versicherungen haben folglich mit einer Flutwelle von Nachzahlungsansprüchen zu rechen“, weiß Mingers. Unklarheit bestehe noch auf dem Gebiet der Verjährung von Ansprüchen, denn es sei bis jetzt unklar wann genau der Anspruch entstanden sei. „Es kommt die übliche Verjährungsfrist von fünf Jahren bei Lebensversicherungen in Betracht oder die Beurteilung der Verjährung richtet sich nach dem Tag der Urteilsverkündung. Gerade diese Unsicherheiten erfordern von den Versicherungsnehmern ein möglichst schnelles Handeln, ihnen ist zu raten, sich von ihrer Versicherung den aktuellen Rückkaufswert, nach Maßgabe der neuen Rechtsprechung errechnen zu lassen“, empfiehlt der Rechtsexperte Mingers.