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Fachartikel, 08.01.2008
Arbeitsrecht
Rechtliche Aspekte bei der (variablen) Vergütung – Teil 2
­Die Einführung variabler Vergütungssysteme bereitet Arbeitgebern oft erhebliche Probleme. Im Kern geht es um die Frage, ob und inwieweit leistungsbezogene und erfolgsabhängige Vergütungssysteme gestaltet und gegebenenfalls auch widerrufen werden können.
Ausgehend von unserem Beispielfall (siehe erster Teil) möchte der Arbeitgeber den erdachten, zusätzlichen Vergütungsbestandteil im Bedarfsfall ohne große Umstände wieder beseitigen können. Um dies sicherzustellen, möchte sich der Arbeitgeber bei der Vereinbarung des zusätzlichen Vergütungsbestandteils das Recht vorbehalten, dieses nicht auf Dauer gewähren zu müssen. Erreicht werden kann dies durch eine wirksame Vereinbarung eines Änderungsvorbehalts. Zu den Änderungsvorbehalten, die dem Arbeitgeber als Instrumente der Flexibilisierung an die Hand gegeben sind, zählen unter anderem Widerrufsvorbehalt, Anrechnungsvorbehalt und Befristung.

Der Widerrufsvorbehalt

Der Arbeitgeber kann sich bei Gewährung eines leistungsbezogenen Entgelts ein Widerrufsrecht vorbehalten. Ein Widerrufsvorbehalt liegt vor, wenn ein vertraglicher Anspruch entsteht, aber durch Widerruf wieder erlöschen kann. Ein Widerrufsvorbehalt ermöglicht dem Arbeitgeber, einen einmal entstandenen Anspruch des Arbeitnehmers nachträglich durch Ausübung des Widerrufsrechts zu beseitigen. Der Widerruf muss dazu ausdrücklich vereinbart sein, er ergibt sich nicht aus der zusätzlichen Leistung als solcher. Es genügt für einen Widerruf nicht, eine Leistung lediglich als “zusätzliche Leistung” zu bezeichnen. Welche Anforderungen im Lichte der AGB-Kontrolle zu stellen sind, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner Entscheidung vom 12. Januar 2005 - Aktenzeichen 5 AZR 126/94 - deutlich gemacht. Der Widerrufsvorbehalt fällt unter die AGB-Kontrolle, da die Vertragsbestimmung einseitig vom Arbeitgeber gestellt und für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert wird.

Beachtung des Transparenzgebotes gemäß § 307 Absatz 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Das BAG hat in seinem Urteil vom 12. Januar 2005 entschieden, dass eine Vertragsklausel in einem Formulararbeitsvertrag, nach der dem Arbeitgeber das Recht zustehen soll, “übertarifliche Lohnbestandteile jederzeit unbeschränkt zu widerrufen” unwirksam ist. Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Grundlegende Bedeutung für die Gestaltung von Änderungsvorbehalten hat an dieser Stelle das Transparenzgebot des § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB. Es ist nur eingehalten, wenn die Klausel so formuliert ist, dass die Vertragsbedingungen durchschaubar, bestimmt, klar und verständlich sind. Wenn für die Ausübung des Widerrufs keine Bedingungen vereinbart sind, weiß der Arbeitnehmer nicht, welche Umstände zum Widerruf berechtigen sollen. Dies führt dazu, dass er den Wert des Anspruchs und mithin die Vertragsbedingungen nicht einschätzen kann. Es droht dem Arbeitnehmer die Gefahr, dass er zu einer falschen Beurteilung veranlasst wird, ob die Vereinbarung für ihn günstig und akzeptabel ist. Dies will § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verhindern. Eine gänzlich fehlende Angabe, unter welchen Umständen der Widerruf erfolgen darf, führt daher zur Unwirksamkeit des Widerrufsvorbehalts.

Darüber hinaus muss auch die Art und Höhe der widerruflichen Leistung eindeutig sein, damit der Arbeitnehmer erkennen kann, was eventuell “auf ihn zukommt”. Die Frage, die es hier zu beantworten gilt, ist, wie konkret der Arbeitgeber die Gründe angeben muss, die ihn zum Widerruf berechtigen. Die Rechtsprechung verlangt nunmehr, dass Gründe angegeben werden, die zumindest erkennen lassen, warum der Widerruf möglich sein soll. Anzuknüpfen ist an die Sicht und Möglichkeit der Arbeitgeber. Denn nur, wenn es diesen möglich und zumutbar ist, den Widerrufsvorbehalt genau zu verfassen, stellt die fehlende Konkretisierung eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar. Man kann vom Arbeitgeber allerdings nicht verlangen, dass er alle Umstände aufführt, die ihm in den nächsten 20 Jahren einen sachlichen Grund für einen Widerruf des zusätzlichen, leistungsbezogenen Entgelts geben können. Die Voraussetzungen für die Ausübung des Widerrufs müssen nicht detailliert sein, jedoch hinreichend konkret. Dementsprechend genügen Formulierungen wie “wichtiger Grund”, “zwingender betrieblicher Anlass” oder “wenn es die Umstände erfordern” nicht.

Die Konkretisierung kann einmal auf wirtschaftliche Gründe oder auf die Leistung beziehungsweise auf das Verhalten des Arbeitnehmers gestützt werden. Als Konkretisierungsmöglichkeiten werden vom BAG eine wirtschaftliche Notlage des Unternehmens, ein negatives wirtschaftliches Ergebnis der Betriebsabteilung, nicht ausreichender Gewinn, ein Rückgang respektive ein Nichterreichen der erwarteten, wirtschaftlichen Entwicklung oder unterdurchschnittliche Leistungen sowie schwerwiegende Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers genannt. Die wirtschaftlichen Gründe und die Dimension der Verschlechterung können in der Widerrufsklausel zum Beispiel mit einem Auftragsrückgang um 20 Prozent oder dem Wegbruch eines größeren Vertriebsauftrages umschrieben werden.

Lesen Sie im dritten Teil, welche Anforderungen ein Widerrufsvorbehalt gemäß § 308 Nr. 4 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) gegeben sein müssen, um dessen Wirksamkeit sicherzustellen. Um zu den anderen Beiträgen zu gelangen, klicken Sie bitte auf einen der nachfolgenden Links:

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Stand: 05.09.2007
Link zum Autor: Rechtsanwalt Andreas Dolny

 

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