Fachartikel, 20.07.2006
Perspektive Mittelstand
Arbeitsrecht
Antidiskriminierungsgesetz - worauf Unternehmen achten sollten!
Am 10. Mai wurde das Gleichbehandlungsgesetz bzw. Antidiskriminierungsgesetz verabschiedet - mit weitreichenden Folgen für Unternehmen aller Branchen und Größen.
Der Schutz vor Diskriminierung wird seit jeher als Menschenrecht angesehen. Er hat in Deutschland grundsätzlich in Artikel 3 unseres Grundgesetzes seine Verankerung gefunden. In der vergangenen Legislaturperiode scheiterte der Gesetzesentwurf zum Antidiskriminierungsgesetz (ADG). Da die Umsetzung der drei EU-Richtlinien zum Schutz vor Diskriminierung zwingend ist, erfolgte in einem neuen Anlauf durch die neue Bundesregierung. Der Regierungsentwurf wurde in der Kabinettsitzung am 10. Mai 2006 beschlossen.

Das Gesetz betrifft besonders das Arbeitsleben und bringt als Neuerung einen sehr viel weiter reichenden Schutz als das bisher geltende Recht. Dieser Schutz gilt hinsichtlich

::: Rasse,
::: Herkunft,
::: Religion,
::: Weltanschauung,
::: Behinderung,
::: sexueller Orientierung,
::: Alter und Geschlecht.

Verboten wird eine Benachteiligung auch für Ausschreibung, Vorstellungsgespräch, Einstellung, Bezahlung, Beförderung und Kündigung.

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Dieser arbeitsrechtliche Schutz gilt in Betrieben jeder Größenordnung, also auch im kleinen Geschäft um die Ecke oder im gemeinnützigen Sportverein.
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Betroffen ist aber auch das Zivilrecht, also Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen. Darunter fallen Verträge mit Lieferanten, Dienstleistern oder Vermietern.

Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass eine Benachteiligung nicht von Vorgesetzten, Kollegen oder von durch ihn mit der Personal(vor)auswahl Beauftragten ausgeht.

Fühlt sich ein Bewerber oder Arbeitnehmer benachteiligt und macht er eine Benachteiligung glaubhaft, muss der Arbeitgeber beweisen, dass eine Diskriminierung i. S. d. Gesetzes nicht vorliegt, diese so genannte Beweislastumkehr bringt daher erhebliche Gefahren mit sich. Ggf. ist hohen Schadensersatzzahlungen zu rechnen. Daher ist eine gute Vorbereitung auf dieses Gesetz zumindest für jeden Arbeitgeber ein Muss.

Außerordentlich wichtig ist, bereits jetzt im Vorfeld nach fachkundiger Beratung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, dass denkbare Benachteiligungen gar nicht erst eintreten und die nach Inkrafttreten des Gesetzes gestellten Anforderungen erfüllt werden.

Hierzu empfiehlt sich zunächst ein Audit durch zu führen um kritische Punkte mit Handlungsbedarf festzustellen. Dabei ist zu prüfen, welche Maßnahmen ggf. notwendig bzw. sinnvoll sind.

Insbesondere zu prüfen sind

::: Stellenausschreibungen,
::: Betriebsvereinbarungen,
::: Betriebsordnung,
::: Aufgabenverteilung,
::: Gehaltsstrukturen,
::: Fragebögen und Beförderungsrichtlinien.

Alles was nicht sachlich und aufgabenbezogen ist, ist zu entfernen. Hier ist z. B. an Religion oder Muttersprache zu denken oder an einen Ausschluss von bestimmten Personengruppen von Teilzeit.

Da ja die oben dargelegte Beweislastumkehr wohl eingeführt wird, ist es notwendig, dass der Arbeitgeber nachweisen kann, dass seine Entscheidungen nicht diskriminierend waren sondern von rein sachlichen Gründen getragen werden. Es ist also eine Dokumentation und Archivierung zu errichten, in der die notwendigen schriftlichen Nachweise verwahrt werden.

Künftig ist noch stärker darauf zu achten, dass emotionale Entscheidungen (sog. Bauchentscheidungen à la „die Chemie stimmt nicht“ oder „der kann nichts“) nicht mehr vorkommen. Also sind sachliche Gespräche und Argumente zwingend erforderlich.

Hilfreich ist es auch, wenn in den Unternehmen entsprechende Antidiskriminierungsgrundsätze in die Firmenphilosophie aufgenommen werden und in dem Unternehmen als wesentlicher Teil der Unternehmenskultur erklärt werden. Alle Führungskräfte sind entsprechend zu schulen, damit sie in Personalgesprächen den Risiken aus dem Weg gehen. Sinnvoll und notwendig ist auch den Betriebsrat einzubeziehen und zur Vorbereitung spezialisierte Anwälte und Berater „an Bord zu holen”.
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Über Frank Richter
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Frank Richter ist Rechtsanwalt und als Anwalt in den Bereichen Straßenverkehrsrecht, Pferderecht/ Tierrecht, Vereinsrecht/ Verbandsrecht, Strafrecht, Jugendstrafrecht, Strafprozessrecht, Betäubungsmittelrecht, Internetrecht und IT-Recht tätig. Zudem Rechtsanwalt Frank Richter als Schlichter gem. SchlG BW und Schiedsrichter tätig. Daneben hält Richter auch Vorträge zu diesen Themen für Käufer, Züchter, Vereine und Verbände.
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