Pressemitteilung, 21.06.2007 - 16:02 Uhr
Perspektive Mittelstand
Anpassung an die Wirklichkeit – Die Telekom lebt nicht mehr im Scharaffenland
(PM) , 21.06.2007 - Bonn – Letztlich bricht sich die Wirklichkeit immer Bahn. So war es jetzt auch bei der Telekom www.telekom.de. Nach einem sechswöchigen Streik hat die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi www.verdi.de der Auslagerung von 50.000 Beschäftigten der Deutschen Telekom in Untergesellschaften mit niedrigeren Löhnen und längeren Arbeitszeiten zugestimmt. Die Wochenarbeitszeit soll von 34 auf 38 Stunden ohne Lohnausgleich herausgesetzt werden. Außerdem werden die Einstiegsgehälter für die Service-Mitarbeiter stark reduziert: Statt wie bisher bis zu 34.000 Euro sollen es in Zukunft höchstens noch 23.200 Euro im Jahr sein. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) www.faz.net äußert sich unter der Überschrift „Telekom-Wahrheiten“ zustimmend zu dem jetzt gefundenen Kompromiss: „Die versuchte und grandios gescheiterte Besitzstandswahrung widerspricht schlicht den betriebswirtschaftlichen Bedingungen und den Verhältnissen am Markt.“ Die Telekom sei bisher auch deshalb viel zu teuer gewesen, weil sie im Vergleich zu den Wettbewerbern zu hohe Löhne zahle. Der Konzern könne es sich nicht mehr leisten, Milliardenbeiträge für Vorruhestands- und Abfindungsprogramme auszugeben und „die übrige Belegschaft im teuer bezahlten alten Trott weitermachen zu lassen“, so die FAZ: „Für beide Seiten war es der Anfang einer schmerzhaften Anpassung an die Wirklichkeit, nicht das Ende.“ Nicht nur die Telekom muss sich den Realitäten stellen. Allein im Jahr 2006 kündigten zwei Millionen Menschen ihren Festnetzanschluss bei der Telekom. Auch bei den IT-Dienstleistungen herrscht zurzeit ein starker Preiskampf. Es geht darum, möglichst guten Service zu möglichst günstigen Konditionen anzubieten. Um in dieser Branche in Deutschland Arbeitsplätze zu sichern, sind – wie bei der Telekom auf der großen Bühne – Anpassungen an die Wirklichkeit unumgänglich. Die Computerwoche www.computerwoche.de berichtete jüngst über einen Tarifstreit der besonderen Art bei dem auf IT-Dienstleistungen spezialisierten Unternehmen a&o www.ao-services.de, das inzwischen an die 4.000 Mitarbeiter beschäftigt. Für Unruhe bei a&o sorge in erster Linie der Mitte Mai vollzogene Betriebsübergang der a&o Itec GmbH, die vor zwei Jahren durch die Übernahme der Siemens-Tochter Sinitec entstanden war, in eine andere a&o-Tochter, die 4tec GmbH, schreibt die Computerwoche. Dort müssten sich die Mitarbeiter mit längeren Arbeitszeiten und geringeren Bezügen bescheiden. „a&o-Chef Michael Müller rechtfertigt diesen Schritt mit dem schwierigen Marktumfeld im Bereich Field-Services und pocht auf einen aus seiner Sicht gültigen Tarifvertrag, der den Schritt legitimiert. Davon wollen die Gewerkschaften jedoch nichts wissen“, so das Fachmagazin. Müller hält das Verhalten der Gegenseite für „unvorstellbar“. Der Anerkennungstarifvertrag für die a&o 4tec GmbH, der auf einem Ende März mit der IG-Metall abgeschlossenen Tarifvertrag einer anderen a&o-Tochter basiere, sei rechtmäßig zwischen dem Dienstleister und der Gewerkschaft ausgehandelt worden. „In der Tat haben am 30. März dieses Jahres IG-Metall-Vize Berthold Huber und Tarifsekretär Gerd Nierenköther das Schriftstück, das der Computerwoche in Kopie vorliegt, unterzeichnet“, so die Computerwoche. „Der Vertrag ist nicht zustande gekommen", widerspricht hingegen Tarifsekretär Gerd Nierenköther. Es gebe keinen verbindlichen Tarifvertrag. Ob sich diese Meinung aufrechterhalten lässt, erscheint zweifelhaft: „Die Position der Gewerkschaft ist allerdings nicht so klar, wie es die Funktionäre glauben machen wollen. Zunächst hatten sie behauptet, es existiere überhaupt kein Vertrag, später räumten sie dann ein, es gebe ein Dokument, das jedoch nicht als Tarifvertrag anzusehen sei. Eine Antwort auf die Frage, warum das Schriftstück mit ‚Anerkennungstarifvertrag’ betitelt ist, bleibt die IG-Metall bislang schuldig.“ Auf Nachfrage heißt es, a&o-Chef Müller sei nur darauf aus, die Situation weiter eskalieren zu lassen. Dies ist jedoch nur eine Meinungsäußerung beziehungsweise Unterstellung, die mit den geschilderten Vorgängen rund um den Tarifvertrag wenig zu tun hat. Wie auch immer der juristische Streit bewertet wird oder ausgehen sollte: Letztlich setzt sich die Wirklichkeit durch. Und es ist der Markt, der Löhne und Gehälter bestimmt, und nicht das Wunschdenken von Interessenvertretern.