Pressemitteilung, 05.11.2007 - 11:54 Uhr
Perspektive Mittelstand
Anne (W)ill – Kann aber nicht
(PM) , 05.11.2007 - Von Ansgar Lange Bonn/Berlin – Blaues Blut und klares Denken müssen nicht immer überein stimmen. Wer einen Beweis für diese These suchte, der konnte sich bei der Sendung von Anne Will daserste.ndr.de/annewill/aktuellesendung/t_cid-4260020_.html am 4. November davon überzeugen. Jedes Jahr werden in Deutschland rund 200.000 Ehen geschieden. Mit der Reform des Unterhaltsrechts, das der Bundestag in Kürze beschließen will, sollen die Regeln für Kinder, Mütter und Väter neu geregelt werden. In der Runde bei Anne Will bestand eigentlich Konsens darüber, dass das Wohl der Kinder im Mittelpunkt einer neuen Regelung stehen sollten. Und dass man von geschiedenen Frauen erwarten kann, dass sie irgendwann wieder auf eigenen Beinen stehen. Doch so recht wollte die Diskussion nicht in Gang kommen. Anne (W)ill ja – nur sie kann noch nicht so recht, ließe sich kalauern. Wenn ein Gast etwas sagt, was der charmanten Gastgeberin unliebsam ist, dann verzieht sie dramatisch das Gesicht beziehungsweise zieht eine Braue hoch. Das könnten wir uns natürlich stundenlang anschauen – für eine lebhafte Gesprächsrunde, in der verschiedene Standpunkte aneinander geraten, ist dies allerdings keine gute Voraussetzung. Anne Wills Sendung krankt – wie so viele Formate im deutschen Fernsehen – an einer krampfhaften Harmonie- und Ordnungssucht. Alles muss schön nach den Karteikarten der Moderatorin oder des Moderators abdiskutiert werden. Spannung kommt so selten auf. Kein Wunder, dass die Kamera zwischenzeitlich einen Herrn einfing, der herzhaft gähnte. Nur einmal schien sich das Blatt zu wenden. Philip Prinz von Preußen, ein Ururenkel des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. und Vater von sechs Kindern, war der Part des Reaktionärs zugedacht. Der Blaublütler wirkte in dieser Rolle allerdings ziemlich blutleer, lächelte dauernd freundlich, redete aber sonst dergestalt um den heißen Brei herum, dass es einem Politiker zur Ehre gereicht hätte. Einmal nur ließ er die Maske fallen und forderte allen Ernstes einen Führerschein für die Ehe. Dazu hatte die temperamentvolle Marie Theres Kroetz-Relin www.marie-theres.com die passenden Worte im Repertoire: „Ich muss mir von einem Beamten nicht bescheinigen lassen, ob ich beziehungsfähig bin.“ An dieser Stelle muss man die Schweizer Staatsbürgerin belehren. Doch, in Deutschland ruft man immer nach dem Staat, wenn etwas nicht funktioniert. Demnächst gibt es auch von Staatsbeamten abgehaltene Tantra- und Kamasutra-Kurse zur Belebung des eingeschlafenen Sexuallebens, selbstverständlich auf Kosten der Krankenkassen. Doch Ironie beiseite: Um etwas Schwung in die Bude zu bringen, hätte die Moderatorin den prinzipienfesten Prinzen und die kämpferische Agitatorin der Hausfrauenrevolution www.hausfrauenrevolution.com ruhig ein wenig im Clinch lassen können. Vielleicht wäre daraus ja eine hitzige Kontroverse geworden. Mit Emotionen. So, wie die Sendung abgelaufen ist, hätte das Thema auch ein Detail der Steuerreform sein können. Putzig war ja auch, wie der Prinz den volkswirtschaftlichen Schaden der Ehescheidungen beschwor. Mami und Papi bleiben zusammen, weil es sonst den Standort Deutschland belastet. Damit ihre Sendung an Spannung und Dynamik gewinnt, sollte Anne Will mutiger werden und der Debatte auch einfach mal ihren Lauf lassen. Ansonsten geht man um 21.45 Uhr besser zu Bett und widmet sich, wenn sich die Gelegenheit bietet, den ehelichen Freuden oder Pflichten – je nachdem, wie es um die eigene Partnerschaft be