Pressemitteilung, 21.01.2011 - 12:21 Uhr
Perspektive Mittelstand
Achtung Abmahnung
(PM) Saarbrücken, 21.01.2011 - Der Abgemahnte hat die Kosten einer Abmahnung selbst dann zu tragen, wenn er die Abmahnung überhaupt nicht erhalten hat. Das bedeutet, wenn infolge der fehlenden Kenntnis von der Abmahnung die angeforderte Unterlassungserklärung nicht innerhalb der gesetzten Frist abgegeben wurde bzw. nicht abgegeben werden konnte, so kann sich der Abgemahnte im darauffolgenden einstweiligen Verfügungsverfahren auch nicht darauf berufen, so dass er auch die Kosten zu tragen hat.Darlegungs- und Beweislast - AbmahnungDiese auf den ersten Blick überraschende Konsequenz beruht darauf, dass die herrschende Meinung davon ausgeht, dass die Darlegungs- und Beweislast für den Zugang einer Abmahnung beim Abgemahnten liegt. Der Abgemahnte habe das Risiko dafür zu tragen, dass die Abmahnung auf dem Postwege verloren gehe, da es für ihn eine günstige Gelegenheit darstelle, die Angelegenheit kostengünstig beizulegen.E-Mail Nach Ansicht des Landgerichts Hamburg im Urteil vom 17. Juli 2009, AZ: 312 O. 142/09 ist auch in Bezug auf E-Mail-Sendungen auf diese herrschende Meinung abzustellen. Insofern sei von einem Zugang auszugehen, wenn eine Willenserklärung, eine entsprechende geschäftliche Handlung in den Bereich des Empfängers gelangt sei und dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit habe, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Bezüglich der per E-Mail übermittelten Abmahnungen, seien diese zugegangen, wenn sie an eine vom Empfänger im geschäftlichen Verkehr verwendete E-Mail-Adresse geschickt worden seien und in der entsprechenden Mailbox des Empfängers angekommen seien. Ordnungsgemäße Absendung Soweit nachgewiesen werden kann, dass die Abmahnung abgesendet wurde und keine Fehlermeldung vorliegt, darf der Absender damit rechnen, dass die Übermittlung zum Abgemahnten korrekt und fehlerfrei erfolgt ist. In dem vom Gericht zu entscheidenden Fall, konnte der Nachweis, dass die Versendung ordnungsgemäß erfolgt war, dadurch erbracht werden, dass ein Anwaltskollege die E-Mail als unsichtbarer Empfänger ebenfalls erhielt.FirewallIm entschiedenen Fall, war die E-Mail aufgrund einer aktivierten Firewall nicht an einen zuständigen Sachbearbeiter weitergeleitet worden, sondern von der Firewall aufgehalten worden. Da die Firewall jedoch eindeutig dem Machtbereich des Empfängers zuzuordnen ist, gilt die E-Mail damit als im Machtbereich des Abgemahnten angekommen.Briefpost Die Tatsache, dass für die Rechtswirkung einer Abmahnung der Abgemahnte nicht zwingend Kenntnis von dieser Abmahnung haben muss, bestätigt ein weiteres Urteil in diesem Bereich, nämlich des Landgerichts Berlin vom 30. September 2010, Aktenzeichen 52 O 187/10. Hier war einer Einzelunternehmerin per Einschreiben/Rückschein eine Abmahnung übermittelt worden und, da dieses nicht zugestellt werden konnte bei der Post zur Abholung hinterlegt worden.Vermutung der Einlegung in den BriefkastenObwohl die Abmahnung nie von der Unternehmerin geholt wurde, musste diese sich im späteren einstweiligen Verfügungsverfahren die Kosten mit der Begründung auferlegen lassen, dass davon auszugehen sei, sie habe einen Benachrichtigungsschein erhalten und es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der entsprechende Benachrichtigungsschein nicht eingelegt worden sei.Diese Entscheidung basiert auf dem Vertrauen, das Gerichte immer noch der Post zuschreiben. Obwohl die Unternehmer an Eides statt versicherte, keinen Benachrichtigungsschein in ihrem Briefkasten vorgefunden zu haben, hielt die Kammer die Möglichkeit, dass versehentlich keine Benachrichtigungsnachricht eingelegt worden sei, für vernachlässigenswert gering. Im Gegenteil sei davon auszugehen, dass ein Briefzusteller gerade bei Einschreiben/Rückschein seiner besonderen Verantwortung bewusst sei, da der Kunde in diesen Fällen auch mehr Geld gezahlt habe.Aus diesen Entscheidungen zu ziehende LehrenE-MailGrundsätzlich sollten sämtliche Mitarbeiter über die theoretische Möglichkeit der per E-Mail übermittelten Abmahnung informiert werden, um diese im Zweifel auch erkennen zu können; denn wie sich aus dem Urteil ergibt, sobald die E-Mail einmal im Machtbereich des Abgemahnten angekommen ist, gilt sie auch als zugestellt. Darüber hinaus ist darauf zu achten, dass auch die gefilterten E-Mails entsprechend kontrolliert werden, um zu verhindern, dass wichtige E-Mails versehentlich untergehen. BriefpostAuch hier sollten die Mitarbeiter entsprechend sensibilisiert werden (insbesondere unter Hinweis auf die rechtlichen Konsequenzen). Die Post sollte sorgfältig auf Benachrichtigungsschreiben hin überprüft werden um ein irrtümliches Entsorgen zu vermeiden. Soweit Ihr Zusteller nicht zu denen vom Gericht definierten Musterexemplaren zählt, könnte Ihnen unter Umständen eine entsprechende Dokumentation der bisherigen „Verfehlungen“ helfen, um das Urvertrauen des Gerichts in die Post zu erschüttern. Außerdem hilft natürlich auch eine gute Beziehung zu (Briefkasten)-Nachbarn, damit ein Irrläufer den Weg zu Ihnen findet.


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